Wien - Der Fall des kasachischen Ex-Botschafters in Österreich, Rakhat Aliyev (Alijew), ist um die Facette eines mutmaßlichen Mordkomplotts reicher. Die Wiener Stadtzeitung "Falter" berichtet in ihrer jüngsten Ausgabe über Dokumente, die dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) zugespielt wurden und in denen es um die Verhaftung, Auslieferung und "nachfolgende Neutralisierung" des in Kasachstan verurteilten und in Ungnade gefallenen Ex-Schwiegersohns von Präsident Nursultan Nasarbajew gehen soll.

Zitiert wird aus einer Depesche der kasachischen Botschaft in Wien, wonach in Griechenland die Verhaftung und Auslieferung Aliyevs erreicht werden sollte. Sollte dies misslingen, wäre "eine nachfolgende Neutralisierung" des Ex-Botschafters "vorgesehen" gewesen.

Im Mittelpunkt des angeblichen Schreibens steht ein Scharfschützengewehr, das ein kasachischer Diplomat in Österreich gekauft haben und das dann nach Astana und Athen gebracht worden sein soll. Das Schreiben endet mit der Anmerkung, dass das "Problem Aliyev" im Rahmen des kasachischen OSZE-Vorsitzes bis Ende 2010 gelöst werden solle. Die zitierten Schreiben enthalten Geheimdienstvorwürfe gegen den derzeitigen Botschafter in Wien, Kayrat Abdrachmanow, sowie gegen seinen Stellvertreter.

"Alte Stempel"

Die Botschaft Kasachstans bezeichnete die im "Falter" zitierten Schreiben als "glatte Fälschungen". Bei der Staatsanwaltschaft Wien sei deshalb Anzeige erstattet worden. In einer Aussendung listete die Botschaft diverse Beweise für die Fälschungen auf: Geschäftszahlen und Datierungen seien falsch, die Schreiben trügen Stempel, die von der Botschaft seit längerem nicht mehr verwendet würden. Das Präzisionsgewehr sei tatsächlich gekauft worden - allerdings in Prag und zu Sportzwecken. Es sei registriert und befinde sich derzeit in Astana.

Die Botschaft wirft Rakhat Aliyev vor, die Fälschungen "durchgeführt beziehungsweise organisiert" zu haben. Die Schreiben dienten offenbar dazu, "eine Bedrohung Aliyevs durch Kasachstan vorzutäuschen, um das laufende Auslieferungsverfahren zu manipulieren und damit Aliyevs Auslieferung nach Kasachstan zu verhindern."

Die Anwälte der Botschaft verweisen auf die zeitliche Nähe zur Entscheidung der Staatsanwaltschaft Wien über die Auslieferung oder Nicht-Auslieferung Aliyevs, die unmittelbar bevorstehen soll.

Die Dokumente seien auf jeden Fall "sehr, sehr ernst" zu nehmen, wird laut "Falter" im Innenministerium betont. Die Unterlagen wurden vom BVT an die Staatsanwaltschaft Wien übergeben.

Den Verfassungsschützern sitze - so der "Falter" - noch der Fall des Tschetschenen Umar Israilov in den Knochen, der 2009 in Wien erschossen wurde und dessen Hilferuf "nicht ernst" genommen wurde.

(APA)