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Wahlplakate in Kabul.

Foto: AP/Rahmat Gul

So viele Frauen wie nie zuvor haben sich für die Wahlen in Afghanistan am 18.September aufstellen lassen. Die Reaktionen auf die hohe Kandidatinnen-Anzahl sind aber teilweise bedrohlich: Furchterregende nächtliche Anrufe oder auch Todesdrohungen stehen für die Kandidatinnen auf der Tagesordnung, berichtete der guardian.co.uk.

Während die Gewalt in der Zeit vor den Wahlen insgesamt anstieg, kämpfen diesmal rund 400 Frauen um einen Sitz im Unterhaus. 64 von den insgesamt 249 Sitzen sind für Frauen reserviert.

Die Straßen von Kabul sind bereits von Wahlplakaten zugepflastert, viele davon zeigen angehende Parlamentarierinnen. Der Guardian hat einige von ihnen interviewt und alle wussten von tagtäglichen Behinderungen durch konservative Hardliner zu berichten. Die Plakate der Frauen bleiben meist auch nur für kurze Zeit hängen, werden mit roter Farbe beschmiert oder auf andere Art beschädigt.

"Ich habe meinem Team schon gesagt, dass wir mit so etwas rechnen müssen", so die Kandidatin Fareda Tarana gegenüber dem Guardian, die gerade von einer großen Menge teurer Plakate berichtete, die am Flughafen von Kabul zerstört wurden. Kabul ist aber dennoch weit sicherer und offener für Kandidatinnen als viele andere Gebiete in Afghanistan, was viele anzog, die sich nicht imstande fühlten, in ihrer Heimat einer Kandidatur nachzugehen. Nichtsdestotrotz erhält Tarana etwa 10 Anrufe pro Tag, in denen verärgerte Menschen ihren Unmut über die Kandidaturen von Frauen äußern.

Todesdrohungen

Für Najila Angira sind die Anrufe aber noch ernster. Kürzlich erhielt sie einen Anruf eines Taliban Kommandanten aus Wardak, eine Provinz südlich von Kabul, der sie mit dem Tod bedrohte. Najila Angira steht für so ziemlich alles, was die Taliban bekämpft. Sie stellt sich nicht nur der Wahl, die 30-Jährige besitzt und leitet auch eine Logistik-Firma. "Die Zeit der Taliban ist zu Ende, wir werden ein neues Afghanistan gestalten", so Najila Angira gegenüber dem Guardian. 

Andere Kandidatinnen haben mit allgemeinen Vorurteilen zu kämpfen, etwa die Lehrerin Hamida Ameri. Sie wollte ihre Ideen auch Gläubigen in einer Moschee vermitteln. "Der Mullah hat mich in die Moschee eingeladen um dort zu sprechen, doch als ich begann schrien die Männer, ich würde die Heiligkeit dieses Ortes zerstören. Manche blieben, aber die meisten verließen die Moschee sofort ", erzählt Ameri.

Außerhalb von Kabul ist die Situation für die Kandidatinnen schwierig. Laut der Fefa (Free and Fair Election Foundation of Afghanistan) musste eine Kandidatin ihre Kampagne in der Provinz Ghor abbrechen und nach Kabul fliehen.

Die Kandidatinnen müssen aber nicht nur mit Behinderungen oder nächtlichen Anrufen von Konkurrenten oder Extremisten rechnen, sondern zunehmend auch von "normalen" Leuten. "Die Kampagnen der Frauen werden in vielen instabilen Provinzen im Süden oder Süd-Osten erst jetzt sichtbar, die Kandidatinnen prangern die Gleichgültigkeit der Regierung gegenüber eines mangelnden Schutzes für Kandidatinnen an", so die Fefa.

Kritik an Wahlkampfführung

Am Wahlkampf-Stil wird auch unter den Kandidatinnen Kritik geübt. Frakhunda Zahra Naderi verzichtet etwa völlig auf Wahlplakate mit Fotos von ihr. "In all diesen Bildern der Kandidatinnen sehen die Frauen aus, als ob sie für Mode oder einen Film werben würden", so Frakhunda Zahra Naderi. Auf ihren eigenen Plakaten ist lediglich eine Birne abgebildet, ein Symbol, das man bei einer Wahl anstelle der Namen der KandidatInnen verwendete, um AnalphabetInnen die Wahl zu erleichtern. "Ich möchte die Leute dazu bringen, dass sie über Politik nachdenken - viele bereiten das wie einen Schönheitswettbewerb auf, gewählt soll die Schönste werden", kritisiert Naderi. 

Letztlich dürften sich aber alle Kandidatinnen darüber einig sein, dass der Einsatz aber ein anderer ist als bei einem Schönheitswettbewerb, schreibt der Guardian. Unternehmerin Angira: "Wenn ich gewinne, will ich im Dienste der Menschen stehen und sie im Parlament vertreten. Wenn ich aber verliere, muss ich hier weg, denn ich werde in Gefahr sein. Niemand wird mich dann vor den Taliban beschützen." (red, dieStandard.at, 1.9.2009)