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Laurent Fignon (links) in einem seiner Kämpfe mit Greg Lemond.

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1983 gewann der 22-jährige Fignon zum ersten Mal die Tour - als jüngster Fahrer seit dem Krieg.

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Fignon und die Ex-Champions Sean Kelly und Miguel Indurain zu Besuch am Tourmalet (Tour de France 2010).

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Wien/Paris - Laurent Fignon gewann zweimal die Tour de France, scheiterte einmal um jene berühmten acht Sekunden an Greg LeMond und hat nun seinen letzten großen Kampf verloren. Der Franzose erlag am Dienstagmittag 19 Tage knapp drei Wochen nach seinem 50. Geburtstag einem Krebsleiden. Das bestätigte das Pariser Krankenhaus Pitie-Salpetriere. "Die Beerdigung wird im privaten Kreis erfolgen", hieß es in einer Pressemitteilung.

"Er war ein kompletter Champion", sagte Eddy Merckx dem französischen Radiosender RMC. "Man kann die Tour nicht gewinnen, wenn man kein kompletter Fahrer ist. Außerdem war er ein Mann von großer Ehrlichkeit. Er hat nicht um den heißen Brei herumgeredet, sondern immer seine Meinung gesagt. Er war intelligent und hat die Rennen immer gut analysiert. Er ist viel zu früh gegangen."

Fignon, Tour-Sieger von 1983 und 1984, war während der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt noch als Experte für den TV-Sender France 2 im Einsatz und gab sich kämpferisch. "Ich will nicht mit 50 sterben. Ich weiß nur, dass sich mein Krebs nicht ausbreitet. Ich werde weiter kämpfen", hatte Fignon vor wenigen Wochen noch gesagt.

"Ich habe gerade von seinem Tod erfahren. Er war ein guter Freund und eine Radsport-Legende. Du wirst uns fehlen, Laurent", teilte der siebenmalige Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong via Twitter mit. Armstrong selbst hatte den Kampf gegen den Hodenkrebs in den 90er Jahren gewonnen.

Im Juni 2009 war bei Fignon Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert worden. Zunächst führte er die Krankheit auf den Gebrauch von Dopingmitteln zurück, schließlich war ihm in seiner Karriere zweimal die Einnahme von Amphetaminen nachgewiesen worden. Doch die Ärzte wollten diesen Verdacht nie bestätigen.

Fignon nahm den Kampf auf und begleitete unter großen Anstrengungen weiterhin die Tour für das französische Fernsehen. In diesem Jahr zuckten viele zusammen, als Fignon seine Stimme erhob, die wie die eines Kettenrauchers klang. "Das Volk kann sicher sein, sprechen tut mir nicht weh", sagte Fignon beschwichtigend. Ein Tumor drücke auf den Nerv seines linken Stimmbandes, deshalb spreche er so.

Die Arbeit am Mikrofon wurde zum Lebensinhalt für Fignon. "Er liebt diesen Job, die Tour. Das motiviert ihn", sagte TV-Kommentator Thierry Adam, der täglich neben Fignon saß: "Seine einzige Sorge ist, dass er nie weiß, wie lange sein Körper die Anstrengung mitmacht."

Seit dem vergangenen Jahr hatte sich der Zustand des Franzosen weder verbessert noch verschlechtert, Chemotherapien waren mal mehr und mal weniger erfolgreich. Im April besuchte Fignon einen Spezialisten in New York, der auch Armstrong behandelt hatte. Eine Woche vor der Tour erhielt er eine weitere Chemotherapie.

2009 hatte Fignon zugegeben, Amphetamine und Cortison genommen zu haben. "Ich habe den Ärzten offen gesagt, was ich genommen habe. Sie sagten, verglichen mit dem heute Üblichen in Radsport-Kreisen ist das ein Witz und als Erklärung für meinen Krebs zu simpel", hatte er damals gemeint.

Legendäre Sekunden

Fignon errang in seiner Karriere 76 Siege. Neben seinen Tour-Siegen gewann der Blondschopf mit der markanten Nickelbrille und dem blonden Zopf unter anderem den Giro d'Italia, zweimal Mailand-San Remo sowie den Fleche Wallonne. Er verdiente sich seinen Spitznamen "Der Lehrer" aufgrund großer taktischer Finesse. Weltberühmt wurde Fignon allerdings, als er in der knappsten Entscheidung aller Zeiten die Tour de France 1989 um die Winzigkeit von acht Sekunden gegen den Amerikaner LeMond verlor.

In seinem Buch "Wir waren jung und unbekümmert" schildert Fignon die Sekunden nach der Zieldurchfahrt des entscheidenden Zeitfahrens in Paris: "Was ist?, fragte ich die wenigen Umstehenden. Betretenes Schweigen. Ich ließ nicht locker. Immer noch keine Antwort. Keiner wagte es, mir die Wahrheit unverblümt ins Gesicht zu sagen. Jene Wahrheit, die jeder außer mir kannte: Ich hatte verloren."

Es mag ihm paradox erscheinen, dass ihn bei all den Siegen ausgerechnet diese Niederlage weltberühmt gemacht hat. Seine Liebe zum Radsport trübte das bis zum letzten Atemzug nie. (sid/red)