Bogotá/Puebla - Jorge Alberto Lagos, Ex-Vizedirektor von Kolumbiens Geheimdienst DAS, ist von einem Gericht in Bogotá wegen des Ausspionierens von Journalisten, Oppositionellen und Richtern zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft legte allerdings Berufung ein - ihr erschien das Urteil zu milde. Der Angeklagte hatte am Freitag gestanden, dass das Ziel der von ihm geleiteten Spionageaktionen unter anderem die Diskreditierung des Obersten Gerichtshofes war, mit dem der damalige Präsident Alvaro Uribe im Dauerclinch lag. Die Richter hatten ihm eine weitere Amtszeit untersagt.

Denn obwohl Uribe von einer "mafiösen Bande" und von "Kompetenzüberschreitungen einzelner Geheimdienstler" sprach, deutet vieles darauf hin, dass es sich um eine gezielte Politik gegen Andersdenkende handelte, deren Fäden sich im Präsidentenpalast kreuzten.

So stellten die Ermittler Dokumente sicher, in denen haarklein die Position jedes einzelnen Richters des Obersten Gerichtes zur Verfassungsmäßigkeit der Wiederwahl Uribes aufgelistet ist. "Die Anweisungen kamen vom Generalsekretär der Präsidentschaft", bestätigte ein hoher Geheimdienstler vor Gericht. "Alle Informationen wurden ans Präsidialamt geschickt."

Ziel der 2005 gestarteten, großangelegten Abhöraffäre war nicht nur das Sammeln von Informationen über politische Gegner. Mittels Sabotage, Erpressungen und Bedrohungen sollten diese mundtot gemacht werden, sagt die Staatsanwaltschaft, die wegen "Bildung einer kriminellen Vereinigung" ermittelt. Viele der Opfer wurden mittels manipulierter Informationen als Helfer von Guerilla oder der Paramilitärs diskreditiert. Pikant ist auch, dass der DAS aus dem Anti-Drogen-Budget der USA mitfinanziert wurde.

Auch europäische Nachrichtendienste sollten in das Spionagenetz eingespannt werden, wie aus gerichtlichen Unterlagen hervorgeht. So bat der DAS deutsche Dienste um Hilfe beim Bespitzeln von kolumbianischen Politikern, die ins Ausland reisten. In Spanien wurde eine vorgebliche NGO gegründet, die Propaganda für die Regierung machen und kritische Berichte in Europa durch Desinformation "neutralisieren" sollte. Man wollte so etwa vermeiden, dass im EU-Parlament die Ermordung von Gewerkschaftern oder Verbindungen von Politikern mit Paramilitärs thematisiert werden.

Der DAS sei "nicht reformierbar", befand der neue Direktor Felipe Muñoz. Er soll nun aufgelöst und neu gegründet werden. Gegen vier Exchefs wird derzeit ermittelt. Freilich nicht nur wegen des Abhörskandals, sondern auch wegen der vielen Verstrickungen des Dienstes mit Paramilitärs und der Drogenmafia. (Sandra Weiss/DER STANDARD, Printausgabe, 30.8.2010)