Toronto - Jane Eckerson wird berühmt. Glaubt sie jedenfalls in einem Anflug von Sarkasmus. Denn sie ist eine der vier Krankenschwestern im Scarborough Grace Hospital in Toronto, die dort als Erste mit dem Sars-Virus in Berührung kamen - und wurde als Einzige nicht infiziert. Eines Tages würden Wissenschafter kommen und sie untersuchen, warum sie dem Virus widerstand, meint sie. Eckersons beste Freundin, gleichfalls 26 Jahre alt und Krankenschwester, ist krank. "Sie war ein gesundes junges Mädchen", erzählt Eckerson, "jetzt bekommt sie schon beim Gang unter die Dusche schwere Atembeschwerden."

In Toronto hat sich die Zahl der an Sars gestorbenen Menschen auf 20 erhöht: Bei dem jüngsten Opfer handelt es sich um einen 77-jährigen Mann, dessen Frau im Gesundheitsdienst gearbeitet und sich mit der Krankheit infiziert hat.

Ernie Eves, Premierminister der Provinz Ontario, hat Ärzte, Schwestern, Pfleger und Labortechniker bereits zu Helden erklärt, weil sie sich täglich der größten Gefahr aussetzen. Sie arbeiten unter starkem Druck, wissen nicht, wie lange sie noch durchhalten. Karen Meredith, Krankenschwester am Toronto Western Campus des Uni-Gesundheitsnetzwerks: "In meiner fünfzehnjährigen Arbeitspraxis habe ich zum ersten Mal das Gefühl, dass ich das Handtuch werfen möchte."

Dem Krankenhauspersonal werden zwar mehr Ruhepausen gewährt, aber das sind nur geringe Erleichterungen. Im Mount Sinai Hospital etwa müssen zwei Paar Handschuhe übereinander getragen werden, ebenso doppelter Mundschutz. Dazu Brillen und ein Kunststoffschild, das das ganze Gesicht bedeckt. Direkter Kontakt mit Sars-Patienten ist zu meiden, was die psychische Betreuung der Kranken mehr als erschwert.

Medizinische Geräte für diese Patienten werden in Sicherheitskammern mit Unterdruck gelagert. So wird verhindert, dass das Virus in andere Räume weitergetragen wird. In diesen Kammern wird auch die Übergabe von Medikamenten und Essen an die Patienten vorbereitet.(DER STANDARD, Printausgabe, 28.4.2003)