Ein Porphyrinmolekül mit einem Kobaltatom auf einer magnetisierten Nickelschicht. Oben: das magnetische Moment des Kobaltatoms (schwarzer Pfeil) folgt der Magnetisierung der Nickelschicht (grüne Pfeile) - das Molekül ist "eingeschaltet".

Unten: Verbindet sich das Kobaltatom mit einem Stickstoffmonoxid-Molekül (NO), das auch ein magnetisches Moment hat, heben sich die Momente auf. Das Moment des Kobalt folgt nicht mehr der Magnetisierung - das Molekül ist "ausgeschaltet".

Grafik: PSI/N. Ballav

Porphyrin macht als Teil des Hämoglobins im menschlichen Organismus den Sauerstofftransport im Blut möglich. Nun könnte das Eiweiß in leicht veränderter Form auch in technischen Geräten Karriere machen. Baut man in ein Porphyrinmolekül ein Kobaltatom ein, funktioniert dieses wie eine winzige Kompassnadel und passt sich an die Magnetisierungsrichtung einer Unterlage an, auf der das Molekül befestigt ist.

Nun haben Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI und der Universität Basel gezeigt, dass sich diese Eigenschaft chemisch ein- und ausschalten lässt, so dass das Molekül als winziger Schalter dienen könnte. Auch wenn diese Arbeiten zunächst Grundlagenforschung sind, so lassen sich schon heute unterschiedlichste Anwendungen vorstellen - etwa in magnetischen Datenspeichern oder gar Quantencomputern. Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschafter in der Fachzeitschrift Nature Communications.

Hämoglobin bindet im menschlichen Körper den Sauerstoff und transportiert ihn im Blut dahin, wo er benötigt wird. Das Hämoglobinmolekül besteht aus vier Porphyrinmolekülen, die je ein Eisen-Atom enthalten, an das sich der Sauerstoff binden kann. Doch Porphyrinmoleküle können auch interessante magnetische Eigenschaften haben, wie Experimente an Molekülen gezeigt haben, in denen ein Kobaltatom statt des Eisens eingebaut war. Das Kobaltatom verhält sich dabei wie ein winziger Magnet - die Physiker sagen, es hat ein magnetisches Moment. Befestigt man das Molekül auf einer magnetisierten Oberfläche, passt sich die Ausrichtung des magnetischen Moments an die Magnetisierungsrichtung der Oberfläche an - das Molekül funktioniert wie ein winziger magnetischer Schalter. Das haben Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI bereits 2005 gezeigt.

Magnetisch per Erwärmung

Nun hat dieselbe Arbeitsgruppe vorgeführt, dass sich wiederum diese magnetische Schaltfähigkeit chemisch ein- und ausschalten lässt. Die Kobaltatome werden unmagnetisch, wenn sie sich mit einem Stickstoffmonoxidmolekül (chemisch NO, Anm.) verbinden. Löst man das Stickstoffmonoxid durch Erwärmen wieder ab, wird das Kobalt wieder magnetisch. "Bisher haben wir dabei ein grosses Kollektiv an Molekülen betrachtet." erzählt Nirmalya Ballav, von dem die Idee für die Experimente stammt, "Aufgrund unserer Ergebnisse kann man sich aber vorstellen, dass man auch Prozesse an einzelnen Molekülen auslösen kann."

Das ist vor allem für zukünftige magnetische Datenspeicher interessant: Um ein Bit zu speichern würde man dann die beiden Zustände "reagiert auf Magnetisierung" und "reagiert auf Magnetisierung nicht" eines einzelnen Moleküls oder einer kleinen Molekülgruppe nutzen. Durch Erwärmen kann so ein Speicher wieder gelöscht werden. Da ein einzelnes Molekül nur etwa einen Nanometer gross ist, könnte man so Daten wesentlich dichter speichern als es heutzutage möglich ist.

Zahlreiche Anwendungen

Es sind aber auch Anwendungen in vielen anderen Bereichen denkbar - so könnte man mit den Porphyrinmolekülen eventuell die für Quantencomputer benötigten ungewöhnlichen quantenphysikalischen Zustände erzeugen. Sie könnten aber auch helfen, Vorgänge in Spintronik-Bauteilen zu verstehen, die eine immer grössere Rolle in elektronischen Geräten wie etwa in Leseköpfen für Festplatten finden. Ein anderer Gedanke ist, Glas mit solchen Porphyrinmolekülen zu beschichten und zu nutzen, dass man diese Moleküle und damit auch ihre optischen Eigenschaften gezielt verändern kann. Dass solche Moleküle das Aussehen verändern können, je nachdem ob sie mit einer weiteren Substanz verbunden sind oder nicht, kennen wir auch aus dem Alltag: ist das Porphyrin in unserem Blut mit Sauerstoff verbunden, sind unsere Lippen rot - sonst sind sie blau.

"Um zu wissen, welche Anwendungen sich tatsächlich verwirklichen lassen, wird man noch etwa zehn Jahre warten müssen." dämpft der Thomas Jung, Leiter der Gruppe molekulare Nanowissenschaft am PSI, übertriebene Erwartungen und erklärt "Wir forschen im Hinblick auf zukünftige Technologien, aber ich weiss noch nicht, welche Technologie auf der Basis dieses neuen Effektes, dieser neuen Art Magnetismus zu steuern, entstehen wird." (red)