Burg Pitten - Außenminister Michael Spindelegger ist zum Pisa-Test angetreten: anlässlich der Premiere von William Shakespeares Komödie Der Widerspenstigen Zähmung beim Theatersommer auf der niederösterreichischen Burg Pitten. Von der vordersten Zuschauerreihe auf die Bühne geholt, wurde er mit rotem Samthut und goldverbrämtem blauem Mantel eingekleidet und hatte solcherart als pisanischer Edelmann Vincentio einen Kurzauftritt.

Ob der Jurist Spindelegger schon früher Schauspielerfahrungen gemacht hat, darüber vermeldet die offizielle Biografie nichts. Bei Barbara Karlich ist das anders: Österreichs meistbeschäftigte Talkshowmoderatorin hat Theaterwissenschaft studiert und 1994 in ihrer burgenländischen Heimatgemeinde Trausdorf auf der Bühne debütiert, in dem Stück Kako ukrotit segavu zenu. Es handelt sich um nichts anderes als um Shakespeare auf Kroatisch, und so spielt Karlich auch jetzt in Pitten die Hauptrolle der kratzbürstigen Katharina.

Sie spielt und sie singt für eine Laiin gar nicht schlecht, denn Regisseur Wolfgang Sailer, der selbst die bühnenbeherrschende männliche Hauptrolle des Petruchio ausfüllt, hat jede Menge musikalischer Einlagen vorgesehen: Vom Schlager über Pop- und Musicalsongs, Opern- und Operettenarien bis zum Schubertlied. Gepoltert wird, was das Zeug hält, die feinen Untertöne sind des Regisseurs Sache nicht.

Dritter Hauptdarsteller ist die Burg Pitten, die malerischer kaum gelegen sein könnte. Auf einem Schlossberg, der auf halber Höhe eine an den Felsen geschmiegte Barockkirche zu bieten hat, ist diese älteste bewohnte Burganlage Österreichs aus dem 9. Jahrhundert errichtet, die zu ihren besten Zeiten schon den Mongolen, Ungarn und Türken getrotzt hat.

Weit schweift der Blick von hier in die Ferne, bis Wiener Neustadt, zum Schneeberg und Hochwechsel. Gleich unterhalb der Festungsmauern hat Wolfgang Werner sein Zuhause, der Veranstalter des Opernspektakels in St. Margarethen. Heuer probiert es Werner erstmals mit dem Theatersommer in seinem Wohnort, und man kann davon ausgehen, dass die frischgebackene Intendantin Barbara Karlich noch etliche weitere Spielsaisonen leiten wird. (Harald Steiner, DER STANDARD - Printausgabe, 24. August 2010)