Wie es um das politische Klima eines Landes steht, kann man oft an scheinbaren Nebenschauplätzen erkennen, wobei die Justiz da eine wichtige, bis entscheidende Rolle spielt. Dieser Tage kam es in St. Veit/Glan zu einem Freispruch in einem Prozess, wo ursprünglich ein Dutzend Junger beschuldigt wurde, im Herbst 2008 bei der nur schwach als Friedensveranstaltung getarnten rechtsextremen Veranstaltung am Ulrichsberg die Zufahrt durch Äste und eine Menschenkette blockiert zu haben. Die Anklage lautete auf "Versammlungsstörung", weil SS-Lemuren in ihrem Marsch auf den Ulrichsberg behindert worden wären. Die Beweislage war allerdings äußerst dünn - daher der Freispruch. Dass es allerdings überhaupt zum Prozess kam, statt den Ulrichsberg unter dem Gesichtspunkt der Wiederbetätigung zu untersuchen, spricht Bände.

In Wien wiederum sitzen ein paar sehr linke junge Leute seit Monaten in U-Haft, weil sie als "antikapitalistischen Protest" vor einem AMS ein paar Mistkübel angezündet hätten. Auch hier ist die Beweislage ziemlich dünn, die U-Haft kann man getrost als inoffizielle Beugehaft betrachten. Immerhin, Brandstiftung und Sachbeschädigung ist nicht ganz ohne, aber nun überlegt die Staatsanwaltschaft, die Anklage auf den berüchtigten Mafia/Terrorismus-Paragrafen 278 auszuweiten. Als ob die Blamage mit dem endlos dahintümpelnden Tierschützer-Prozess in Wr. Neustadt nicht ausreichen würde. (Hans Rauscher, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.8.2010)