Ignorieren oder kommentieren? Bisher ist die FPÖ mit ihrem Wahlkampf in Wien nicht wirklich aufgefallen. Mit ihrem neuen Plakat "Mehr Mut für unser 'Wiener Blut' - Zu viel Fremdes tut niemandem gut", haben die Mannen rund um Heinz-Christian Strache endlich einen Aufreger. Indem die Medien darüber berichten, sorgen sie genau für jene Publizität, die die FPÖ in den vergangenen Monaten nicht hatte. Strache hat seinen Auftritt vor Journalisten, untermalt von der Johann-Strauß-Operette Wiener Blut, diese Woche genossen. Endlich wieder im Mittelpunkt!

Aber: Wer schweigt, stimmt zu. Vor zwei Wochen zog der steirische BZÖ-Chef Gerald Grosz in Zusammenhang mit der Berichterstattung über angebliche Haider-Konten einen Vergleich zum NS-Hetzblatt Der Stürmer - und bis auf einen Landespolitiker regte sich niemand auf. Deshalb war es wichtig, dass es zum FP-Plakat aus allen anderen Parteien Reaktionen gab: kurz und knapp, aber deutlich. Wobei die SPÖ das Verbreiten dieser Sujets sogar hätte verhindern können - über die Plakatfirma Gewista, an der die Partei beteiligt ist.

Die Wortwahl erinnert bewusst an Nazi-Jargon. Rassismus und Verhetzung gehört zum politischen Werkzeug der rechten Parteien in diesem Land. Es ist kein Zufall, dass FPÖ und BZÖ immer wieder auf derartiges Vokabular zurückgreifen. Provokation ist ihr Kalkül: Nach der ausgelösten Aufregung wird beschwichtigt und verharmlost. Es ist auffällig und ein Alarmzeichen, dass in Wahlkampfzeiten in diesem Land Hemmschwellen niedriger werden.

Zuletzt sorgte der Slogan "Reinrassig und echt" der Salzburger FPÖ-Bauern bei der Kammerwahl im Frühjahr für Aufregung. Im Vorarlberger Landtagswahlkampf wurde Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums in Hohenems, als "Exil-Jude aus Amerika" verunglimpft. Über Österreichs Landesgrenzen hinaus bekannt wurden Slogans wie "Pummerin statt Muezzin", "Daham statt Islam" und "Abendland in Christenhand".

Aber die rechten Sprüche werden nicht mehr unwidersprochen hingenommen. Mit seiner schrillen Hysterie, als sich Strache mit dem Kreuz in der Hand als Retter des christlichen Abendlandes aufspielte, hat er auch überzogen: Kirchenvertreter haben im Vorjahr erstmals deutlich gegen Straches Aussagen Stellung bezogen. Diesmal reiht sich sogar Michael Jeannée von der Kronen Zeitung in die Reihen der Strache-Kritiker ein. Er schreibt, wie immer voll konkreter Poesie, an das Wiener Blut und geißelt den "blauen Missbrauch" als "das Dämlichste, was den Freiheitlichen um HC Strache jeweils eingefallen ist. Entlarvt auf erschreckende Weise, tumb und dumpf, die profunde Unintelligenz in dieser Partei".

Dass ihnen nichts Besseres mehr einfällt, ist vielleicht ein Menetekel für die Blauen. Laut Umfragen sind sie bisher in Wien überraschend deutlich unter 20 Prozent - ihr Potenzial wird weit höher eingeschätzt.

Vielleicht haben die Wähler in Österreich genug von solch gezielter rechter Provokation: Bei der Kommunalwahl in Graz im Jänner 2008 haben die Hasstiraden ("Mohammed ein Kinderschänder") nichts gebracht. Junge Wähler, die Strache besonders umwirbt, finden vermutlich den Hinweis auf eine Operette nicht besonders cool - und bei den echten Wienern könnte er es sich verscherzt haben: Mit dem Wiener Blut macht man keine Politik, da verstehen die Wiener keinen Spaß. (Alexandra Föder-Schmid, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.8.2010)