Bild nicht mehr verfügbar.

Striedinger und Kulterer im Landesgericht Klagenfurt zu Prozessbeginn wegen Bilanzmanipulation nach den Swap-Verlusten.

Foto: APA

Wien - Günter Striedinger, Ex-Vorstand und Beschuldigter in der Causa um die Kärntner Hypo Alpe Adria, geht nicht davon aus, dass er nach Ex-Chef Wolfgang Kulterer als nächster verhaftet und in Untersuchungshaft genommen wird. "Auf Basis dessen, was man mir vorwirft, halte ich die Wahrscheinlichkeit für sehr, sehr gering. Ich fühle mich nicht auf unsicherem Eis", sagt Striedinger. Unter seine Beziehung zu Kulterer hat er nach dessen Aussagen vor der Staatsanwaltschaft einen endgültigen Schlussstrich gezogen: "Das ist jetzt erledigt."

Langsam sei es schwer abschätzbar, was da wirklich laufe, meint Striedinger zu den jüngsten Entwicklungen in der Hypo-Causa. Gefährlich und unkontrollierbar sei für ihn "das, was da politisch herunter läuft. Da weiß man ja nicht, was los ist".

Harsche Kritik übt Striedinger auch an der Öffentlichkeitsarbeit der CSI Hypo des Finanzministeriums und der Soko Hypo. Es sei alles andere als korrekt und rechtsstaatlich, wenn in der Öffentlichkeit Beschuldigungen ausgesprochen werden, und die Beschuldigten davon nicht einmal eine Ahnung haben, "geschweige eine Unterlage, um was es tatsächlich geht, und sich dementsprechend wehren können".

Mediale Vernichtung

Er sei als Person und mit seiner Firma Rubicon bereits "schwerst geschädigt" worden. "Man wird da in einer Art und Weise in der Öffentlichkeit dargestellt, das ist absolute Vernichtung. Was da vonseiten der Medien gemacht wird, ist unfassbar, dass so was in Österreich möglich ist, ist unglaublich". Die meisten Kunden seien ihm davongelaufen. "Jetzt muss ich schau'n, dass ich über Wasser bleibe."

Jetzt gelte es, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu entkräften und die Falschmeldungen zu korrigieren. "Ich muss mich zu 95 Prozent nur darauf konzentrieren, dass ich recherchiere, was los ist, und dass ich mich verteidige". Im Herbst hoffe er, wieder aktiv die normalen Geschäftsaktivitäten angehen zu können. "Ich wünsche niemandem, dass ihm das gleiche passiert", so Striedinger.

Auch mit Kulterer rechnet Striedinger ab: "Was er bei der Einvernahme gesagt hat, ist für mich überhaupt nicht mehr nachvollziehbar. Zuerst ist einer 15 Jahre der CEO, die Bank sein Kind, und dann sagt er, er war nicht dabei, er war nicht einmal in der Bank", so Striedinger.

Zum ersten wesentlichen Bruch mit Kulterer sei es durch den Verkauf der Consultants gekommen. Kulterer sei aus London zurückgekehrt und habe gesagt: Die Consultants werden verkauft, das sei mit Beratern schon so entschieden. Er habe sich dagegen ausgesprochen, da eine Bank ohne Beteiligungsblock nicht existieren könne.

Danach sei die Strategie gefahren worden, die Consultants seien das schwarze Loch, eine Spielwiese von Striedinger, "da ist alles schief und schlecht". Das Präsidium sei auf Seite Kulterers gestanden und habe ihm die Kompetenz über die Consultants entzogen. "Das war ein massiver Vertrauensverlust. Ich bin nicht wegen der Swap-Verluste ausgeschieden, sondern weil das Präsidium gesagt hat, wir haben kein Vertrauen mehr in dich und ich gesagt habe, ich habe kein Vertrauen mehr in euch."

Mega-Gau und Giftklima

Dann seien die Swap-Verluste gekommen, "das war natürlich der Mega-Gau und das ganze Klima war vergiftet". Kulterer habe sich in einer Ausnahmesituation befunden, weil er gewusst habe, er müsse gehen, und habe ihn und den Wirtschaftsprüfer der Bank, Walter Groier, beschuldigt, den Swap verraten zu haben. "Und er setzt dann den Guggenbichler auf mich an. Ich hab das erst ein Jahr später erfahren, dass er mir praktisch bis aufs Klo nachgerannt ist, ohne dass ich es bemerkt habe."

Kulterer habe sich später bei ihm entschuldigt und gesagt, es sei eine Ausnahmesituation gewesen. "Dass er inzwischen meinen Namen bankintern diskreditiert hat, ist auch klar." Er habe die Entschuldigung angenommen, damit man - wenn man sich ab und zu trifft, "wenigstens normal miteinander reden" könne. "Was er dann nach der Verstaatlichung bei der Einvernahme zu den Staatsanwälten gesagt hat - 'Zagorec mein Mann' und solche Sachen - mit so einem Menschen -, das ist jetzt erledigt, das brauch' ich nicht."

Bezüglich seiner Verurteilung im Zusammenhang mit den Swap-Verlusten fühlt sich Striedinger nach wie vor "absolut unschuldig, weil ich mit dem überhaupt nichts zu tun hatte." Zu den Verlusten sei es gekommen, weil - wie in allen Investmentbanken - gewettet und spekuliert worden sei. "Ich bin überzeugt, dass sie gar nicht gewusst haben, was sie tun. Die Investmentbanken haben sie ein paar Mal gewinnen lassen und dann habe sie sie ordentlich abgezockt." Der Richter habe ihn - als Nicht-Treasurer - nur insofern verurteilen können, weil er meinte, er sei schon zulange in der Bank drinnen und hätte über alles perfekt Bescheid wissen müssen - "bei 25 Mrd. Euro Bilanzsumme und 6.000 Leuten muss man ja über alles perfekt Bescheid wissen".

Kein Bier mit Haider

Mit dem verstorbenen ehemaligen Landeshauptmann von Kärnten, Jörg Haider, mit dem er wie praktisch jeder Kärntner per Du gewesen sei, habe er in seiner gesamten Hypo-Tätigkeit kein einziges Mal über die Hypo gesprochen. Er habe ihn - nachdem Haider auch Finanzreferent geworden war und dadurch im Aufsichtsrat gesessen sei, dort ein paar Mal gesehen. "Ich bin mit Haider auch nicht auf ein Bier gegangen", so Striedinger weiter. Auch zum Umfeld und seiner Familie habe er keine Beziehung gehabt. Politisch sei er überhaupt nicht tätig, diesbezüglich bezeichnete sich Striedinger als "Nobody".

"Dass ein Herr Petzner nicht hinter mir steht, da bin ich nur froh", so Striedinger weiter. Auch mit Haiders Ex-Referenten Gerald Mikscha und Haiders Ex-Pressesprecher Karl Heinz Petritz habe er keinen Kontakt gehabt, auch nicht mit Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.

Seine Geschäftstätigkeit mit dem inzwischen inhaftierten kroatischen Ex-General Vladimir Zagorec verteidigt Striedinger. Als er ihn 2004 kennengelernt habe, sei dieser ein höchst dekorierter General gewesen, sowohl über Kroatien als auch Wien seien nur beste Auskünfte über Zagorec gekommen. Als es dann 2007, als er schon aus der Bank draußen war, zum Polit-Showdown in Kroatien gekommen sei, sei er da hineingerutscht. "2004 hat niemand wissen können, was mit Zagorec einmal passieren wird", so Striedinger.

Striedinger dementiert auch, Gründer der Zagorec zugerechneten Liechtensteiner Firma Sambuca gewesen zu sein, über die mit Hilfe der Hypo Geld gewaschen worden sein soll. "Ich habe weder für den Herrn Zagorec noch für irgendjemand anderen jemals eine Gesellschaft in Liechtenstein oder sonst gegründet, noch bin ich direkt oder indirekt an diesen Dingen beteiligt. Mit dem Herr Zagorec hat sich meine Geschäftsbeziehung im Rahmen meiner Funktion in der Hypo beschränkt, und sonst gar nichts", betont Striedinger. Spätestens wenn die Staatsanwaltschaft allen Konten aufmache, werde man hoffentlich endlich auch sehen, dass es da keine Beziehung gegeben habe.

"Wenn da so geredet wird, dass die Hypo nur mit Kriegsverbrechern und weiß der Teufel mit wem zusammengearbeitet hat, muss ich sagen, das sind Leute, die keine Ahnung haben und die vor allem überhaupt nicht seriös Bericht erstatten wollen", so der Ex-Vorstand.

Eintritt in kroatischen Markt

Der Eintritt in den kroatischen Markt habe mit der 1990 gegründeten Leasing Kärnten begonnen, da habe es schon ein paar Autofinanzierungen gegeben. In der Folge habe Kulterer einen Kontakt über den damaligen Außenminister Alois Mock zum damaligen kroatischen Außenminister Mate Granic und dessen Stellvertreter Ivo Sanader aufgebaut. Beide hätten die Hypo stark motiviert, nach Kroatien zu kommen.

Das Land habe Zukunft und man werde alles dazu beitragen, um hier den Einstieg möglich zu machen. Der damalige Nationalbankgouverneur habe dasselbe gemacht. "Das sind alles gute, ehrliche und gerade Unterstützungsbekundungen gewesen, die wir - und auch andere Banken - angenommen haben, weil ohne Goodwill von Nationalbank und einer Regierungspartei wird man schwer in einem Land eine Bank gründen können", so Striedinger.

Vorwürfe, an der Kapitalerhöhung 2004 teilgenommen und über den Kauf von Vorzugsaktien mitprofitiert zu haben, weist der Ex-Vorstand erneut kategorisch zurück: "Jede diesbezügliche Aussage ist eine Unterstellung und eine glatte Lüge, gegen die ich vorgehen werde, wenn das weiterhin der Fall ist." Auch im Zusammenhang mit den inkriminierten Istrien-Geschäften bereitet Striedinger einer Gegenklage vor: "Wir arbeiten daran, das wird auch kommen."

Gute Freunde

Absolut nicht in Ordnung findet Striedinger auch, wenn er immer wieder mit Geschäften seiner langjährigen "guten Freunde" Gerhard Kucher und Hermann Gabriel in Verbindung gebracht wird. Beide seien zwar noch immer seine guten Freunde, deshalb seien sie auch Vorstände der Familienstiftung "Tate".

Kucher mache auch für ihn und die ganze Familie die rechtlichen Dinge, beiden waren auch als Berater der Bank tätig. "Aber wenn alles, was Gabriel und Kucher gemacht haben, automatisch mir zugerechnet wird, dann ist das nicht okay." Beide hätten ihre eigenen Sachen gemacht.

Komisch sei, so Striedinger, dass bei der Aufarbeitung der Hypo-Causa die Ermittlungen sich nur auf die Zeit vor der Übernahme durch die Bayerische Landesbank (BayernLB) konzentrieren. Als er gegangen sei, sei für die Bank ein Wert von 3,3 Mrd. Euro festgestellt worden - "nach dreieinhalb Jahren ist alles hin. Warum schaut man sich nicht auch die Periode an, wo der Unternehmenswert vernichtet worden ist. Ist das nicht unlogisch?", so Striedinger.

Nach seinem Ausscheiden sei die Bilanzsumme innerhalb kurzer Zeit um 18 Mrd. von 25 auf 43 Mrd. Euro hinaufgepusht worden. "Wir haben von 2 auf 25 Mrd. Euro 14 Jahren aufgebaut." Heute sage der neue Hypo-Chef Gottwald Kranebitter, die Hypo sei nicht schlecht, müsse aber zurück in die Kernmärkte. "Wer hat die aufgebaut? Die habe ich aufgebaut", so Striedinger. (APA)