Im Lager Traiskirchen - hier im Bild - ist nur jedes zweite Bett belegt, während spendenfinanzierte Unterkünfte überquellen. Das bleibt weiter so - "vorerst jedenfalls"

Foto: Standard/Cremer

In die Freude über den OGH-Spruch, der den Bund bei der Flüchtlingsbetreuung in die Pflicht nimmt, mischte sich bei den NGOs am Freitag Enttäuschung: Das Innenministerium hält an Asylwerberentlassungen laut Richtlinie fest.

***

Wien/Klagenfurt - Trotz des Aufsehen erregenden Spruchs des Obersten Gerichtshofs (OGH), wonach der Bund die Asylwerberbetreuung nicht länger auf NGOs abwälzen darf (): Am harten Umgang des Innenministeriums mit Flüchtlingen werde sich "vorerst jedenfalls" nichts ändern, verkündete dort Mathias Vogl.

Die umstrittene Richtlinie, laut der Asylwerber aus der Bundesbetreuung entlassen, auf die Straße gesetzt und deshalb von Caritas, Hilfswerk und Co untergebracht werden müssen, bleibe in Kraft, präzisierte Vogl. Und löste damit beim Verantwortlichen für Flüchtlingsfragen der Caritas, Andreas Lepschi, "Enttäuschung" aus.

Statt auf das "akute aktuelle Problem" - halbleere Bundesbetreuungseinrichtungen, überlastete NGO-Unterkünfte - einzugehen, "vertröste" das Ministerium die Hilfsorganisationen ein weiteres Mal, indem die "frühestens zu Beginn 2004 in Kraft tretende" 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern über die flächendeckende Grundversorgung von Asylwerbern als Lösung dargestellt werde.

Dabei seien die Vertragsmodalitäten noch nicht ausverhandelt. Das ist eine Sicht der Dinge, die der Kärntner Flüchtlingsbeauftragte Gernot Steiner bestätigt: Vor dem Inkrafttreten der 15a-Vereinbarung müsse der Bund noch "die Asylverfahren beschleunigen", sagt er. Bei der Caritas setzt man dennoch auf "Gespräche mit Minister Strasser" über konkrete Maßnahmen zur Entschärfung der derzeitigen Lage. Termine, so Lepschi, gebe es jedoch noch keine.

Während Christoph Riedl vom Evangelischen Hilfswerk mehr auf Druck setzt: "Als Sofortmaßnahme schlage ich vor, in Zukunft für jeden aus der Bundesbetreuung entlassenen Asylwerber eine einstweilige Verfügung zur Wiederaufnahme in die staatliche Versorgung zu beantragen." So, wie es schon in vier Fällen in Wien und Linz mit Erfolg geschehen ist. (bri, stein/DER STANDARD, Printausgabe, 26./27.4.2003)