Einmal im Jahr marschiert die Blasmusik durch den Ort. Und alles rennet, rettet, flüchtet. In den Wald, auf die Felder, in die Autos. Bloß weg. Im Lagerhaus soll eine neue Lieferung Rattengift angekommen sein. Draußen im Wald gibt es eine vom letzten Sturm errichtete Fichteninstallation zu bestaunen, die an Ai Weiweis Documenta-Installation "Template" erinnert. Im Nachbarort verkaufen sie heute angeblich ausländische Tageszeitungen. Es gibt jedenfalls immer was zu tun.

Man ahnt es, die Blasmusik spielt grottenschlecht. Sie kann sich etwa nicht darauf einigen, ob es wirklich einen Unterschied macht, wenn eine Hälfte der Musikanten Polka und die andere gleichzeitig an afrikanische Polyrhythmik angelehnte Märsche eigenwillig Richtung Andachtsjodler deutet.

Die Blasmusik will aber auch etwas. Sie will Geld. Das vom gütigen Landesvater gewährte, im fetzigen postmodernen Beton- und Glasfrontstil errichtete Kompetenzzentrum für Feuerwehr und Bauernjazz ist nämlich schön, aber innen hohl. Schon für wenige tausend Euro könnte man den mit einem Giebeldach behübschten Betonklotz schallisolieren.

Alle, die krankheits- oder altersbedingt nicht schnell genug davonkommen oder vermeiden wollen, dass die Musik heuer noch ein zweites Mal im Ort wütet, geben ihr Geld gern. Man nennt das Kulturförderung. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.8.2010)