Im Dezember 2005 fanden die ersten verfassungsmäßigen Parlamentswahlen im Irak statt, die ordentlich verliefen, aber das von einer Diktatur befreite Land nicht in die Stabilität, sondern in den Bürgerkrieg führten. Sie hatten die Bruchlinien in der Gesellschaft nur noch weiter aufgerissen. Nach einer Beruhigung ab 2008 wählte der Irak im März 2010 erneut. Und ohne die Dramatik mit der von 2006 vergleichen zu wollen: Wieder ernten die Iraker nicht die Früchte der Demokratie, sondern die Gewalt.
Daran ist das politische Vakuum schuld, in dem Radikalismus gedeiht. Ein halbes Jahr ist seit den Wahlen vergangen, ohne dass sich eine Regierungsbildung abzeichnet. Zeitweise war die wahrscheinlichste Variante, dass der knappe Wahlverlierer Premier Nuri al-Maliki mit Unterstützung des schiitischen Blocks, mit dem seine Liste im Parlament (wieder) zusammengehen sollte, den Wahlsieger Ayad Allawi ausbremsen würde. Aber die Schiiten wollen Maliki nicht mehr, und Maliki will nicht gehen.
Deshalb war nun wieder das Basteln an einer großen Koalition zwischen Allawi und Maliki angesagt - die Lösung, die auch die USA favorisieren, am besten unter Einbindung der Kurden. Jetzt werden diese nie recht angelaufenen Gespräche mit seltsamen Begründungen abgebrochen, die das Grundproblem verdecken: Allawi will nicht verzichten, und Maliki will nicht gehen. Und wenn das Land dabei wieder vor die Hunde geht. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 18.8.2010)