Rom - In Italien liegen im Streit zwischen Staatspräsident Giorgio Napolitano und der Mitte-Rechts-Partei "Volk der Freiheit" (PdL - Popolo della Liberta') von Ministerpräsident Silvio Berlusconi die Nerven blank. Napolitano reagierte empört auf ein Interview des PdL-Vizefraktionschefs in der Abgeordnetenkammer, Maurizio Bianconi, in dem er dem Staatspräsidenten "Verrat" an der Verfassung vorwarf. "Napolitano verrät die Verfassung, indem er Neuwahlen ablehnt und sich für eine Übergangsregierung ausspricht", sagte Bianconi. Seine Worte lösten die empörte Reaktion des Quirinals aus.

"Bianconis Aussagen sind inakzeptabel. Sollte er wirklich von seinen Worten überzeugt sein, hätte er die Pflicht, sich nach Artikel 90 der italienischen Verfassung zu verhalten", meinte Napolitano in einer Presseaussendung. Er bezog sich dabei auf den Verfassungsartikel, demnach ein Abwahlantrag gegen den Präsidenten wegen Hochverrats oder Attentats auf die Verfassung in die Wege geleitet werden kann.

Bossi: "Übergangsregierung wäre Beginn eines großen Chaos'"

In einem Freitag erschienenen Interview mit der linken Tageszeitung "L'Unita'" hatte Napolitano für moderatere Töne in der Politik und für Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Problemen des Landes plädiert, das in dieser schwierigen Wirtschaftsphase keine Neuwahlen brauche. Die Regierung Berlusconi wackelt nach dem Bruch zwischen dem Premierminister und seinem Ex-Vertrauten, dem Präsidenten der Abgeordnetenkammer Gianfranco Fini.

Die mit Berlusconi verbündete rechtspopulistische Lega Nord bekräftigte ihr Veto gegen eine Übergangsregierung. "Norditalien würde ein Übergangskabinett nicht akzeptieren, weil es der Beginn eines großen Chaos' wäre", sagte Lega-Chef Umberto Bossi, der seinen Sommerurlaub in den Bergen von Ponte di Legno bei Brescia verbringt. Bossi sparte nicht mit Kritik an Fini. "Er will nur weiteres Geld erhalten, um es in Süditalien zu verschwenden", meinte Bossi.

Ein Übergangskabinett würde das neu verabschiedete Sparpaket nicht umsetzen können, was für die Finanzen des Landes eine "Katastrophe" wäre. "Die Gefahr ist, dass eine Übergangsregierung Gesetze verabschieden würde, die die Linke fördert, wie ein neues Einwanderungsgesetz, das uns wieder mit Migranten überschwemmen würde", meinte Bossi. Die Lega Nord fürchte Neuwahlen nicht. "Das Volk wählt den Premierminister. Das letzte Wort über Neuwahlen hat der Staatspräsident. Napolitano ist nicht gegen unsere föderalistischen Pläne eingestellt", meinte Bossi. (APA)