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Ein Attentäter sprengte sich vor einem Rekrutierungsbüro der Armee im Zentrum der irakischen Hauptstadt Bagdad in die Luft.

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US-Pläne über Truppenstärke.

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Bündnisse und Religionen bei der Wahl im vergangenen Monat.

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Das Rekrutierungsgebäude nach dem Anschlag.

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Vergangenen Samstag übergab die letzte US-Brigade nach sieben Jahren ihre Aufgaben an die irakische Armee. Trotz politischer und wirtschaftlicher Probleme will Washington seine Truppen reduzieren - hohe Opferzahlen stören den Abzug.

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Obama überlasse "den Irak den Wölfen", sagte der ehemalige Außenminister des Irak, Tarik Asis.

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Saddams ehemaliger Vize Tarik Asis gab dem "Guardian" Anfang August das erste Interview seit dem Fall Bagdads vor mehr als sieben Jahren. Der heute 74-Jährige hatte sich kurz nach dem Einmarsch der US-Armee im April 2003 den Amerikanern gestellt, die ihn im Juli dieses Jahres den irakischen Behörden übergaben. Die USA müssten länger im Irak bleiben und dürften sich jetzt noch nicht zurückziehen, sagte Asis über die Abzugspläne der USA.

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Eine Sprecherin der Irakija-Allianz von Ex-Ministerpräsident Ijad Allawi gab am Montag das Ende der Verhandlungen mit dem Rechtsstaaten-Bündnis von Amtsinhaber Nur al-Maliki (Foto) bekannt.

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60 Menschen sind bei einem Anschlag auf ein Rekrutierungsbüro der irakischen Armee in der Hauptstadt Bagdad getötet worden. Das teilte ein Verantwortlicher der städtischen Leichenhalle mit. Das Attentat sei in einem belebten Viertel Bagdads verübt, mindestens 125 Menschen seien dabei verletzt worden, hieß es aus dem irakischen Innenministerium.


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Ein Selbstmordattentäter sprengte sich laut BBC in den frühen Morgenstunden vor dem Militärgebäude inmitten wartender Rekruten in die Luft. Sie hatten sich vor dem früheren Verteidigungsministerium versammelt, das nun das Hauptquartier der 11. Division ist. Jede Woche melden sich dort rund 250 Rekruten. Heute standen dort rund 1.000 Rekruten Schlange, da heute die Registrierungsfrist abläuft.

Der Anschlag passierte in der Nähe eines der größten Busstationen Bagdads, im Viertel Baab al-Muatham. Die Straßen seien in der Gegend, gegen 7.30, voll, was es dem Attentäter mit dem Sprengstoffgürtel einfach gemacht haben dürfte, unbemerkt vorzugehen.

Militärsprecher macht Al Kaida verantwortlich

Die Mehrzahl der Opfer seien Rekruten, unter ihnen befänden sich aber auch Soldaten. Am Ort des Anschlags waren in Blutachen von abgerissene Beine und Hände zu sehen, schreibt die Tageszeitung. US-Hubschrauber kreisten über dem Gebiet.

Militärsprecher Kassim al Moussaui sagte der Nachrichtenagentur AP, an dem Anschlag sei nur ein Selbstmordattentäter mit einer Sprengstoffweste beteiligt gewesen. Sein Oberkörper sei am Ort des Anschlags gefunden worden. Der Militärsprecher sprach von 39 Toten und 57 Verletzten und machte das Terrornetzwerk Al-Kaida verantwortlich.

Anschlagsserie

Der Anschlag reiht sich eine Folge von blutigten Anschlägen, die seit Tagen das Land erschüttern. Und er passiert kurz nachdem die US-Regierung verlautbart hat, bis Ende des Monats den Kampfeinsatz der US-Army im Kriegsgebiet beenden zu wollen. Die Zahl der im Irak stationierten US-Soldaten soll bis Ende August von derzeit 65.000 auf 50.000 verringert werden, die vor allem irakische Soldaten ausbilden und US-Einrichtungen vor Ort schützen sollen. Zu Obamas Amtsantritt im Januar 2009 waren 144.000 US-Soldaten zwischen Euphrat und Tigris stationiert. Bis Ende kommenden Jahres sollen alle US-Soldaten den Irak verlassen haben.

"Explosion der Gewalt"

Nach Angaben des irakischen Verteidigungs-, Innen- und Gesundheitsministeriums kamen im Juli insgesamt 535 Menschen durch Anschläge ums Leben - beinahe doppelt so viele Zivilisten getötet wie im Monat davor. Das amerikanische Militär dementiert diese Zahlen und spricht von 222 getöteten Menschen. Die Differenz zwischen den beiden unterschiedlichen Angaben wurde bisher nicht geklärt.

Eine "Explosion der Gewalt" im Irak werde es nicht geben, wenn die Amerikaner ihre Kampftruppen abziehen, versicherte US-Vizepräsident Joe Biden noch vergangene Woche. Vergangenen Samstag übergab die letzte Brigade nach sieben Jahren ihre Aufgaben an die irakische Armee.

Quelle: Youtube/AP

Politisches und wirtschaftliches Vakuum

"Wie versprochen" werde die US-Kampfmission im Irak Ende August 2010 enden, gab Präsident Obama Anfang August bekannt. Ab dann sollen Diplomaten die Strategie der USA in dem Land umsetzen.

Die politische und wirtschaftliche Lage im Irak ist alles andere als stabil. Beobachter befürchten, Extremisten könnten eben dieses Machtvakuum im Land nutzen. Mehr als fünf Monate nach der Parlamentswahl im Irak hat das Land noch immer keine neue Regierung. Erst gestern sind die Koalitionsgespräche - zwischen der Irakija-Allianz von Ex-Ministerpräsident Ijad Allawi und dem Rechtsstaaten-Bündnis des amtierenden Amtsinhaber Nur al-Maliki - wegen eines Streits um die religiöse Ausrichtung des Bündnisses abgebrochen worden. Damit verzögert sich die Regierungsbildung nach dem knappen Wahlausgang Anfang März weiter.

"Obama überlässt den Irak den Wölfen"

Scharfe Kritik an Barack Obamas Rückzugplänen für die US-Armee äußerte Anfang August Tarik Asis, ehemaliger Außenminister des Irak und einst Vertrauter des von den USA gestürzten irakischen Präsidenten Saddam Hussein. Aus seiner Zelle in einem irakischen Gefängnis bei Bagdad erhebt Tarik Asis schwere Vorwürfe gegen den amerikanischen Präsidenten Barack Obama: "Er ist ein Heuchler", sagte der Vize Saddams im Interview mit der britischen Tageszeitung "The Guardian". Die USA müssten länger im Irak bleiben und dürften sich jetzt noch nicht zurückziehen. "Ich dachte, er würde einige der von (seinem Vorgänger George W.) Bush gemachten Fehler korrigieren." Nun überlasse der US-Präsident "den Irak den Wölfen", sagte Asis der Zeitung. "Wir sind alle Opfer der USA und Großbritannien. Sie haben das Land auf viele Arten getötet. Wenn man einen Fehler macht, muss man das korrigieren und nicht den Irak seinem Tod überlassen." Das Land sei in einem schlechteren Zustand als vor dem Krieg. Die USA seien moralisch verpflichtet, dem Irak wieder auf die Beine zu helfen, bevor sie sich zurückzögen. (fin, derStandard.at, 17.8.2010)