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Wolfgang Kulterer wurde am Freitag in der Tiefgarage seiner Klagenfurter Wohnung in Gewahrsam genommen, am Sonntag wurde über ihn die Untersuchungshaft verhängt.

Foto: Reuters/Foeger

Am Sonntag wurde der ehemalige Vorstandschef der Kärntner Hypo Alpe Adria Bank, Wolfgang Kulterer, in Untersuchungshaft genommen. Zuvor war der 56-jährige Banker mehr als 30 Stunden lang von der "Soko Hypo" und der Staatsanwaltschaft verhört, schließlich in die Justizanstalt Klagenfurt eingeliefert worden. Haftgründe sind weiterhin Flucht- und Verdunkelungs- sowie Tatbegehungsgefahr.

Anwalt findet U-Haft "skandalös"

Kulterers Rechtsanwalt Ferdinand Lanker spricht nun von einer "skandalösen" Vorgangsweise der Justiz und ortet politische Motive. In einer schriftlichen Stellungnahme erklärt der Anwalt, die Vorwürfe gegen seinen Mandanten seien "überhaupt nicht neu", es gebe auch keinerlei neue Erkenntnisse, die eine U-Haft rechtfertigen würden.

Wörtlich schreibt Lanker: "Die Gründe, die zur Verhängung der U-Haft geführt haben, sind nicht nachvollziehbar und von der Motivation her - außer einer politischen - völlig unklar." Offensichtlich, so Lanker, solle damit vom mangelnden bisherigen Ermittlungserfolg der Soko Hypo und anderen weit gravierenderen und nicht abgehandelten strafrechtlichen Vorfällen abgelenkt werden, mutmaßt der Anwalt.

"Kein einziges neues Beweismittel"

Offenbar sollten Vorwürfe gegen die Justiz und die Justizministerin wegen "schonendem Verhalten" in Fällen wie Grasser, Hypo-Niederösterreich, Meischberger und andere "durch einen schnellen Zugriff in der Causa Hypo überlagert werden". Bei den Hausdurchsuchungen am Freitag sei "kein einziges neues Beweismittel" vorgefunden worden, erklärte der Anwalt. Die Annahme von Fluchtgefahr als Haftgrund sei in keiner Weise gegeben, es sei der Justiz bekannt gewesen, dass Kulterer eine Übersiedelung seines Büros nach Wien plane, er sei auch zu sämtlichen Vorladungen pünktlich erschienen und habe in vollem Umfang mit den Behörden kooperiert.

Auch der Vorwurf der Tatbegehungsgefahr sei nicht nachvollziehbar, Kulterer sei seit 2006 nicht mehr Vorstand der Hypo Group Alpe Adria und könne daher dort keine Tätigkeit mehr entfalten. Er werde daher die erforderlichen Rechtsmittel erheben und die Rechte seines Mandanten wahrnehmen, kündigte Lanker an.

Den Vorwurf der politisch motivierten Festnahme hat der Sprecher der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, Helmut Jamnig, bereits am Freitag zurückgewiesen. Sowohl Jamnig als auch der Leiter der Soko Hypo, Bernhard Gaber, widersprachen auch der Darstellung Lankers, wonach bei den Razzien vom Freitag keine neuen Dokumente sichergestellt worden seien. Es sei gezielt nach Unterlagen gesucht worden, die man auch gefunden habe, hieß es am Wochenende.

U-Haft-Alltag beginnt

Unterdessen begann am Montag für Kulterer der "Alltag" in der U-Haft. Ihm wurden Reisepass, Personalausweis und Führerschein abgenommen.

Der Ex-Hypo-Chef teilt sich die Zelle mit einem zweiten Untersuchungshäftling, sein Anwalt Ferdinand Lanker will so schnell wie möglich einen Enthaftungsantrag stellen und dafür eine Kaution anbieten.  Wird dieser Antrag abgelehnt, muss nach zwei Wochen über eine Verlängerung der U-Haft entschieden werden. Danach verlängert sich die Frist auf einen Monat und anschließend auf zwei Monate.

Kulterer ist auch im Vorstand der Flick-Stiftung, diese Funktion behält er vorerst bei. Bei der Stiftung will man erst nach Gesprächen mit Kulterer und dessen Anwalt über die weitere Vorgangsweise entscheiden.

Dem 56-Jährigen wird Untreue vorgeworfen, auch der Vorwurf der Bilanzfälschung steht im Raum (es gilt die Unschuldsvermutung). Für letztgenanntes Delikt wurde Kulterer im Herbst 2008 bereits rechtskräftig verurteilt und musste 140.000 Euro Geldstrafe bezahlen (Details dazu siehe auch hier). Im Falle einer Verurteilung drohen ihm ein bis zehn Jahre Haft.

Ein weiterer Vorwurf lautet auf Bildung einer kriminellen Vereinigung, die "CSI Hypo" des Finanzministeriums hat eine entsprechende Anzeige erstattet. Dazu kommt der Verdacht der falschen Zeugenaussage vor dem Untersuchungsausschuss des Kärntner Landtages. Was sonst noch auftaucht, bleibt abzuwarten, die Soko Hypo muss 2.000 Personen bzw. Firmenverbindungen überprüfen.

"Unter Haider wäre das nicht passiert"

Die Verhaftung des ehemaligen Hypo Alpe-Adria-Vorstandschefs war und ist auch in deutschen Medien ein großes Thema. In Zeitungskommentare wird dabei mitunter auch die Rolle der österreichischen Justiz unter die Lupe genommen.

In der Münchner "Süddeutschen Zeitung" (SZ) heißt es etwa: "Die Entscheidung ist ein Signal - dass auch die österreichische Justiz es nun ernst meint. Sogar ein Wiener Verfassungsgerichtshofpräsident hatte ihr neulich vorgeworfen, im Ergebnis 'nicht effektiv genug' zu arbeiten. Diese These gilt für die Sonderkommission des österreichischen Bundeskriminalamts nicht, die den Bankenfall bearbeitet. Die für ihre Hartnäckigkeit bekannten Münchner Ermittler, die auf deutscher Seite den Fall aufrollen, loben die Zusammenarbeit mit den Kollegen und auch deren Professionalität."

Das Düsseldorfer "Handelsblatt" hat die Causa folgendermaßen kommentiert: "Gute Freunde sind wichtig. Sie bieten Schutz und helfen bei Problemen. Dass Wolfgang Kulterer, früherer Vorstandsvorsitzender der Klagenfurter Hypo Group Alpe Adria (HGAA), seinen wichtigsten Freund und Förderer verloren hat, dürfte ihm spätestens am vergangenen Freitag klar geworden sein. Da präsentierten ihm in seiner Klagenfurter Wohnung Ermittler einen Haftbefehl. Unter Jörg Haider, dem vor knapp zwei Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommenen früheren Kärntner Landeshauptmann, wäre das nicht passiert. Doch jetzt gibt es mit Kulterer die erste spektakuläre Verhaftung im Skandal um die HGAA. Ohne seinen wichtigsten Förderer drohen ihm jetzt ein Gerichtsverfahren und bis zu zehn Jahre Gefängnis."  (red/APA)