Wallberg war in den 60er-Jahren ihr Chefdirigent. Ein Gespräch mit dem 80-jährigen Allrounder.


Wien - Schaut Heinz Wallberg zurück auf seine lange Musikreise durch das vorige Jahrhundert, fällt sein Blick aus aktuellem Anlass natürlich auch auf das Niederösterreichische Tonkünstlerorchester und damit auf jene Zeit, als er dessen Chef war und Leopold Figl wieder Landeshauptmann von Niederösterreich: "Ich habe dafür gesorgt, dass das Orchester vergrößert wird. Ich sagte Figl, wenn man mit den Wiener Orchestern konkurrieren will, muss das sein; er hatte Verständnis."

Auch habe er, Wallberg, dafür gesorgt, "dass sie eine einheitliche schwarze Dienstkleidung bekommen - sie kamen ja alle ziemlich verschieden, also bunt daher." Da Heinz Wallberg Fakten liebt, erinnert er gleich auch daran, dass Cellist Mstislaw Rostropowitsch sein erstes Konzert im Westen mit den Tonkünstlern unter seiner Leitung absolviert hat: "Er hat fünf Zugaben gegeben! Übrigens hat Alfred Brendel seine ersten Plattenaufnahmen mit mir und den Wiener Symphonikern gemacht", so Wallberg.

Wobei: "Sie mussten sich witzigerweise Wiener Symphonieorchester nennen, da sie als Symphoniker bei einem anderen Label unter Vertrag waren." Keinesfalls will er auch unerwähnt lassen, dass er mit den Symphonikern 1959 im Petersdom vor Papst Johannes XXIII. gespielt und dass er an der Staatsoper, wohin ihn Karajan holte, 450 Abende dirigiert hat.

Hier muss man ihn ein wenig bremsen. Man will vom Allrounder, der von Martha Argerich bis Fritz Wunderlich im Laufe der Jahrzehnte mit allen Größen und überall gearbeitet hat und bei einem halben Dutzend Orchestern Chefdirigent war, auch Allgemeines erfahren - übers Dirigieren und Proben etwa. Und so erzählt der 80-Jährige, "dass der Taktstock allein gar nichts ist! Man hört ja nicht, ob ich zu tief singe oder zu laut bin - Musik machen die anderen!"

Was nicht heißt, dass man seine Ideen nicht nachdrücklich vermitteln sollte. "Ich schicke den Orchestern das Material immer im Voraus - mit all den detaillierten Kommentaren -, das spart zwei Proben." Vieles sei natürlich situationsgebunden zu entscheiden: "Wenn ein Sänger gut drauf ist, dann kann man die Fermate etwas länger machen; in einem akustisch trockenen Saal dirigiert man etwas schneller."

Das ist ein an der Praxis gewachsenes Wissen. "Ich habe viele schlechte Dirigenten erlebt, wollte es besser machen. Ich war ja Musiker, bevor ich Dirigent wurde", sagt Wallberg schmunzelnd und bleibt in der Tonart des Heiteren, wenn er daran denkt, wie er für die Symphoniker, wenn es um Walzer ging, zum dirigierenden Stehgeiger mutierte. (DER STANDARD, Printausgabe, 26./27.4.2003)