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Die Gewerkschaft nimmt den Fuß vom Gas der Pensionsreform und blockiert per Lkw

montage: derStandard.at (foto: reuters)
Wien - Die Gewerkschaft macht jetzt ernst: Die am Donnerstag beschlossenen Proteste gegen die geplante Pensionsreform laufen bereits am kommenden Montag an. Die Gewerkschaft Handel, Transport, Verkehr (HTV) hat am Freitag eine "Protestfahrt" auf der Autobahn von Baden nach Stockerau angekündigt. Der Start fällt mit 6:30 Uhr direkt in den Morgenverkehr. Betroffen sind die A2 (Südautobahn), die A23 (Wiener Südost-Tangente) und die A22 (Donauuferautobahn).

Die Kundgebung der Gewerkschaft Handel, Transport, Verkehr (HTV) gegen die geplante Pensionsreform am Montag ab 6.30 Uhr auf der Südautobahn (A 2), Wiener Südost-Tangente (A 23) und Donauuferautobahn (A 22) von Baden nach Stockerau ist laut NÖ Sicherheitsdirektion genehmigt worden. Die Veranstalter hätten zugesagt, "dass sich der Versammlungszug - bestehend aus zwei Lkw, einem Bus und Pkws - auf dem rechten Fahrstreifen bewegen und die Straßenverkehrsordnung einhalten wird", hieß es Freitagnachmittag.

Demnach soll es zu keinen wesentlichen zusätzlichen Beeinträchtigungen auf den genannten Verkehrsträgern kommen. Trotz der Zusage könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Montagfrüh ohnedies jeweils prekäre Verkehrssituation durch die Versammlungsteilnehmer "möglicherweise noch verschärft wird", so die Sicherheitsdirektion.

Im Zusammenhang mit der Protestfahrt rät der ÖAMTC anderen Verkehrsteilnehmern "zeitlich" auszuweichen bzw. auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Dies insbesondere deshalb, weil es an geeigneten Ersatzrouten mangle und auf der A 2 im Bereich Guntramsdorf - Vösendorf "derzeit eine der größten Autobahnbaustellen Europas besteht". An die Organisatoren des Protestes appelliert der Club, "die Verkehrssicherheit der vielen anderen Menschen, die zur gleichen Zeit unterwegs sind, nicht zu gefährden".

Die HTV spricht von "Pensionsraub" und "Sozialbetrug". In einer Aussendung kritisiert sie nicht nur geplante Änderungen beim Pensionssystem, sondern auch auch bei den Kollektivverträgen (KV).

Bei den KV-Verträgen haben die Frächter gefordert, dass Arbeitspausen künftig nicht mehr bezahlt werden sollen. Die Gewerkschaft meint, dass dadurch "illegale Entlohnungsformen im Kollektivvertrag festgeschrieben" werden sollen.

Die Dimension der Protestfahrt der Lkw-Fahrer am kommenden Montag ist derzeit noch unklar. Laut Transportgewerkschafter Georg Eberl soll die "Demonstrationsfahrt" zunächst mit zwei Lkw einem Omnibus und 50 Pkw starten. Wie viele aus dem Süden kommende Lkw sich der Protestfahrt anschließen würden, sei aber noch offen, sagte Eberl am Freitag im Gespräch mit der APA. Im Montag-Frühverkehr werde der Protest aber sicher "wirksam sein".

"Wir wollen die Pensionsreform nicht", sagte der Gewerkschafter. Gerade im Frachtgewerbe sei man schon früher um Pensionsbeiträge gebracht worden. "Von unserer Branche stammt das Thema Sozialbetrug", sagt Eberl. Als Beispiel nennt die Gewerkschaft einen Fall, bei dem ein Fahrer über 30 Jahre hinweg mit einem Lohn unter der Geringfügigkeitsgrenze angemeldet worden sei und dann nur die Mindestpension erhalten habe. "Jetzt will man dem auch noch was wegstreichen", wettert Eberl.

Schon seit Monaten schwelt der Konflikt zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern über eine Änderung des Kollektivvertrags. Die Unternehmen wollen längere "Pausen innerhalb der Einsatzzeit" künftig nicht mehr zahlen. Die Gewerkschaft glaubt, dass dadurch "illegale Entlohnungsformen legalisiert werden" und die "Krankenkassen um ihre Beiträge gebracht" werden sollen.

Die Frächter weisen diese Vorwürfe klar zurück. Die Branche stehe unter enormem Wettbewerbsdruck, eine Anpassung des KV sei unverzichtbar. Es gehe um eine Klärung von Einzelfällen und eine Steigerung der Produktivität. In einzelnen Betrieben sollen die Lohnkosten um rund fünf Prozent gesenkt werden.

Aus Sicht der Gewerkschaft hingegen kann "von Unproduktivität keine Rede" sein. Laut Eberl legt ein Lkw-Fahrer im Durchschnitt aktuell bei einer Lenkzeit von 350 Stunden monatlich 22.000 Kilometer zurück.

Verhandelt wird laut Gewerkschaft bereits seit September. Die letzte Gesprächsrunde war Ende März geplatzt. Mitte April hatten die Lkw-Fahrer bereits kurzzeitig die Zufahrt zum OMV-Tankstofflager in St. Valentin blockiert. Neuen Verhandlungstermin gibt es im Moment keinen. Eine Einigung scheint derzeit nicht in Sicht. Wenn die Frächter nicht einlenkten, würden die Proteste ausgeweitet, sagte Eberl am Donnerstag.

Wiener Linien drohen mit Streik am 6. Mai

Am Dienstag, den 6. Mai, werden in Wien die U-Bahnen, Straßenbahnen und Stadtbusse still stehen - falls die Pensionsreform wie geplant am 29. April den Ministerrat passieren sollte. Das hat Karl Kaiser, der Vorsitzende der Wiener Hauptgruppe IV (Wiener Linien) in der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, im APA-Telefonat berichtet. Der Streik soll in den Morgenstunden beginnen. Wie lange er dauern wird, ist laut Kaiser noch noch offen.

"Wenn das Pensionsgrausamkeitspapier aufrecht bleibt, werden wir zum Betriebsbeginn nicht ausfahren", kündigte der Wiener Gewerkschafter an. Kommende Woche soll es am Montag, Dienstag und Mittwoch Betriebsversammlungen geben, in denen der Ablauf des Streiks besprochen werden soll.

Einen generellen Stillstand bei den Wiener Linien hat es zuletzt am 28. Juni 2000 gegeben. Damals blieben die Wiener "Öffis" am ÖGB-Aktionstag gegen geplante Sozialmaßnahmen von Betriebsbeginn bis 7.00 Uhr in den Garagen.

Postbus bereitet Streik vor

Aufgebrachte Stimmung wegen der Pensionsreformpläne der Regierung herrschte Freitagvormittag bei den Betriebsversammlungen bei der Postbus AG in allen Landeshauptstädten sowie in Wien, berichtete der ÖGB in einer Aussendung. "Die KollegInnen waren nur mit Mühe von Spontanaktionen abzuhalten", erklärte Personalvertretungschef Robert Wurm. An Streiks werde sich die Postbus-Belegschaft "auf jeden Fall" beteiligen.

Die Streikvorbereitungen laufen laut Wurm auf Hochtouren. Bei einer österreichweiten Personalvertretertagung kommenden Mittwoch werde man "den Streikvorbereitungen den letzten Schliff geben".

Verkehr in der Steiermark soll lahm gelegt werden

Nachdem bei der Pensionsreform mit einem Einlenken der Regierung nicht zu rechnen sei, werden als Protest an einem bestimmten Tag in nächster Zukunft - den man noch nicht bekannt gebe - in der Steiermark alle Züge, Busse und Trams in den Remisen bleiben. Der entsprechende Beschluss werde am Montag in einer Präsidiumssitzung gefasst, erklärte der steirische ÖGB-Chef Horst Schachner am Freitag gegenüber der APA. Jede steirische Gewerkschaft werde in Präsidiumssitzungen zudem ihre eigen Maßnahmen überlegen. "Einen Streik wie diesen hat es in Österreich nicht gegeben", ist sich Schachner sicher.

Es werde jetzt nicht mehr nur geredet, so der steirische ÖGB-Präsident, selbst Vorsitzender von Handel, Transport und Verkehr: "Der soziale Friede in Österreich wird nicht von den Gewerkschaften, sondern von dieser unsozialen Pensionsreform bedroht". Als erste Maßnahme werde man Flugzettel mit Informationen an den Einfallsstraßen in die Landeshauptstadt Graz verteilen, der Zeitpunkt dazu stehe ebenfalls noch nicht fest.

Aus 18 verschiedenen Streikoptionen habe man den "Abwehrstreik" gewählt, der sich in der Steiermark auf alle Verkehrsmittel erstrecken werde. Diesbezüglich müsse noch mit allen Kollegen von Postbus, Eisenbahn und anderen Betrieben geredet werden. An jenem bestimmten Tag würden dann aber alle öffentlichen Verkehrsmittel stillstehen, "in ganz Österreich". (APA)