Wien - Die SPÖ könnte sich vorstellen, dass Verfassungsrichter künftig schon vor einer etwaigen Aufsichtsratstätigkeit in der Vollversammlung des Verfassungsgerichtshof darüber informieren. Dadurch wäre Transparenz gegeben, meinte Klubobmann Josef Cap. Hintergrund hierfür ist die Forderung der ÖVP nach Unvereinbarkeitsregeln für Verfassungsrichter, nach der Wahl von Claudia Kahr zur neuen Vorsitzenden des Asfinag-Aufsichtsrats Ende Juni.
ÖVP sieht Unvereinbarkeit
Die ÖVP hatte die Bestellung der Verfassungsrichterin Kahr massiv kritisiert und eine Unvereinbarkeit geortet. Dem Regierungspartner wurde daraufhin noch vor dem Juli-Plenum ein Vorschlag übermittelt. Darin heißt es: "Dem Verfassungsgerichtshof können Personen nicht angehören, die Organfunktionen in Kapitalgesellschaften innehaben." Der ÖVP gehe es darum, Lücken zu schließen: "Es gibt Unvereinbarkeiten", erklärte ein Sprecher des ÖVP-Klubs.
"Wir können uns im Herbst in Ruhe sachlich mit dem Vorschlag
auseinandersetzen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten", meinte Cap.
Er schlägt etwa vor, dass Verfassungsrichter künftig in der
Vollversammlung des Gerichtshofs darüber informieren, wenn ihnen etwa
eine Aufsichtsratsfunktion abgeboten wird. Dies wäre eine saubere
Lösung und "dadurch wäre Transparenz gegeben", zeigte sich der
SPÖ-Klubchef überzeugt. Den ÖVP-Vorschlag wollte er nicht näher
kommentieren, dies werde man dann intern diskutieren. Ebenfalls
betonte er, dass im Herbst die "konstruktive" Zusammenarbeit mit dem
Koalitionspartner "selbstverständlich" fortgesetzt wird.
Derzeit nur Befangenheitsregeln
Für Verfassungsrichter gelten derzeit zwar keine Unvereinbarkeits- aber doch strenge Befangenheitsregeln. Bei einer etwaigen Befangenheit wird laut VfGH für den jeweiligen Fall ein Ersatzmitglied nominiert.
Keinen Änderungsbedarf sehen SPÖ und ÖVP übrigens bezüglich der von den Grünen geforderten "Cooling off"-Phase für Politiker nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt. Hintergrund der Forderung ist die kürzlich bekanntgewordene Beratertätigkeit von Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) für die Hypo Group Alpe Adria im Jahr 2009. Die ÖVP sieht keinen Handlungsbedarf. Cap verweist auf das "Grundrecht auf die freie Berufswahl". Klar wäre es aus seiner Sicht hingegen, wenn ein Minister zuerst Eigentümervertreter eines Betriebes ist und nach seinem Ausscheiden aus dem Regierungsamt etwa als Vorstand eben dort tätig ist. (APA)