Wien - Wenn die Bundesregierung Ende des Jahres mit Verspätung ihr Budget vorlegt, wird es auch für die Familien enger. Der Budgetposten "Familie" soll 2011 rund 235 Millionen Euro weniger kosten. Bis zum Jahr 2014 werden die Leistungen für Familien um fast 1,5 Milliarden Euro gekürzt.
Auf der Hand läge, dass die Regierung bei der Familienbeihilfe spart (Kostenpunkt: 3,4 Milliarden Euro/Jahr). Die "Salzburger Nachrichten" berichten etwa von Plänen, die Familienbeihilfe für Studenten nicht mehr bis zum 26. Geburtstag, sondern zwei oder drei Jahre kürzer auszuzahlen. In Blogs und auf Twitter rechnen Betroffene schon mit Schlimmerem: Die ÖVP setze sich dafür ein, die Familienbeihilfe ab dem 18. Lebensjahr generell abzuschaffen, lautet ein Gerücht.
Grüne: "Trauen Regierung alles zu"
Was ist dran an den wilden Gerüchten? Sind die Ängste der Familien wirklich begründet?
"Für möglich muss man bei dieser Regierung alles halten", sagt die grüne Familiensprecherin Daniela Musiol zu derStandard.at. Angesichts vieler Studenten, die dann ihr Studium selbst finanzieren müssten oder gar nicht abschließen könnten, hielte Musiol das "für eine Katastrophe. Wenn das kommt, wird es massive Proteste geben, unter anderem auch von uns."
"Wahlkampfzuckerl" nur kurzer Genuss
Auch die - erst kürzlich eingeführte - 13. Familienbeihilfe könnte dem Sparstift zum Opfer fallen. "Das war damals offenkundig ein Wahlkampfzuckerl", erinnert sich Musiol an den Beschluss im September 2008. "Es wäre demaskierend, dieses jetzt zurück zu nehmen." Trotzdem traut sie es der Regierung zu.
"Das sind alles nur Gerüchte, die herumgeistern", sagt ÖVP-Familiensprecherin Ridi Steibl auf Anfrage von derStandard.at. Abschaffung der 13. Familienbeihilfe? Steibl: "Da weiß ich nichts davon." Auch angebliche Geheimpläne, dass studierende Kinder die Familienbeihilfe nur mehr bis zum 23. Geburtstag bekommen, sind für sie "Sommerlochgeschichten". Es werde "im Ministerium verhandelt, was es für Möglichkeiten gibt", so Steibls lapidare Antwort.
Kein Dementi zu Belastungen
Das Hochkochen der Gerüchte liegt freilich auch daran, dass es von SPÖ und ÖVP kein klares Dementi zu massiven Belastungen gibt. Im zuständigen Ministerium gibt man sich seit Wochen zugeknöpft. Einzelvorschläge zur Budgetsanierung will Familienstaatssekretärin Christine Marek (ÖVP) nicht kommentieren. Ein wenig kryptisch verspricht sie einen "Mix aus Maßnahmen" zum Sparen. "Es steht alles zur Debatte, und es wird alles diskutiert - und eine Interpretation daraus, dass die 13. Familienbeihilfe gestrichen wird, wäre falsch", erklärte sie Ende Juli der Austria Presse Agentur.
Über die Sparmaßnahmen verhandelt mit Marek die Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Ob die SPÖ-Ministerin mit einer Senkung der Altersgrenze bei der Familienbeihilfe leben könnte? "Es gibt viele Gerüchte, die ich nicht kommentieren will", sagt Heinisch-Hosek zu derStandard.at. Und auf Nachfrage, ob nicht gerade ärmere Studenten darunter leiden würden? "Es ist für die betroffene Gruppe immer ein Wahnsinn. Wenn man die 13. Familienbeihilfe abschaffte, würde das zum Beispiel Familien mit vielen Kindern besonders hart treffen", will sie sich auf Details derzeit nicht einlassen. Aber: Man werde mit der ÖVP "über alles tabulos diskutieren". Konkretes folge im Herbst.
Keine öffentlichen Sparvorschläge
"Zum Thema Sparen hören Sie von mir Null", sagte Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) bereits im Mai zum STANDARD auf die Frage: Wäre es akzeptabel, die 13. Familienbeihilfe zu streichen? Und nach mehrfachem Nachfragen: "Der ÖVP ist bekannt, was ich von der Kürzung der Familienbeihilfe halte."
Ein Streichen der Familienbeihilfe ab dem 23. oder 24. Geburtstag etwa würde Studenten aus ärmerem Elternhaus das Leben auf jeden Fall erschweren. "Die können dann halt nicht studieren", warnt Musiol. "Wenn die SPÖ da mitgeht, dann weiß ich nicht, wie sie überhaupt noch argumentieren will, dass sie was für Menschen unterschiedlicher Herkunft tut."
Spätes Budget hält Gerüchte am Köcheln
Die Gerüchte und Ängste mancher Familien gingen jedenfalls "auf die Kappe der Regierung", sagt Musiol. Laut Verfassung müsste die Regierung spätestens zehn Wochen vor Jahresende und damit am 22. Oktober dem Nationalrat den Entwurf zum Budget vorlegen. Doch die Regierung hat bereits angekündigt, ihr Budget - unter anderem inklusive neuen Belastungen für Familien - erst am 9. Dezember zu präsentieren.
Hintergrund: Am 26. September ist steirische Landtagswahl, und am 10. Oktober wählt Wien. Musiol: "Ab 11. Oktober wird dann permanent über das Budget diskutiert werden." (Lukas Kapeller/derStandard.at, 11.8.2010)