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Naoto Kan entschuldigt sich für die japanischen Kolonialverbrechen.

Foto: Reuters/Nakao

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"Wir verteidigen Japan" steht auf dem T-Shirt dieses nationalistischen Demonstranten in Tokio.

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Eine regionale Integration nach EU-Vorbild sei jedoch in Asien nicht in Aussicht, sagt ein Experte

Japans Premier Naoto Kan hat mit einer öffentlichen Entschuldigung an die beiden koreanischen Staaten einen weiteren Versuch gestartet, die Versöhnung mit den Nachbarn voranzutreiben. Er wollte seine "tiefe Reue und seine tiefempfundene Entschuldigung" für den großen Schmerz und Schaden ausdrücken, die Japans Kolonialzeit verursacht habe, schrieb Kan in einer Erklärung.

Japan hatte Korea vom 29. August 1910 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 regelrecht annektiert. Damals wurden die Koreaner gezwungen, japanische Namen anzunehmen, Japanisch zu lernen und in der kaiserlichen Armee zu kämpfen. Der Widerstand wurde niedergekämpft.

Kan versuchte daher mit zwei wichtigen Gesten, Japans Willen zu einer ehrlichen Aufarbeitung der Geschichte zu unterstreichen. So will Japans Regierung historische Kunstschätze an Korea zurückgeben. Außerdem kündete die Regierung an, dass kein Minister seiner Regierung am Jahrestag des Kriegsendes (15. August), den umstrittenen Yasukuni-Schrein besuchen wird.

Dies ist bedeutend, denn bisher wurden ähnlich lautende Entschuldigungen früherer Premiers dadurch entwertet, dass Regierungsmitglieder oft noch am selben Tag zum Yasukuni-Schrein pilgerten. Dort sind die Seelen von Japans Kriegstoten eingeschreint, aber auch die von verurteilten Kriegsverbrechern. Er gilt daher als das Symbol des japanischen Imperialismus.

Man erkenne den guten Willen Kans an, erwiderte Außenminister Kim Young-sun. Er hoffe, dass alle Japaner diese Sicht teilten. Die engen Beziehungen zwischen Südkorea und Japan könnten durch die Anerkennung der "unglücklichen Vergangenheit" in eine Partnerschaft weiterentwickelt werden, sagte Yu.

Große Hoffnungen auf eine Aussöhnung wie in Europa hegen Experten allerdings nicht. "Es sieht aus wie ein Schritt in die richtige Richtung, aber Korea, und auch China, werden nicht mit ähnlichen Gesten antworten", sagt Andrew Horvat, Japan-Experte der Stanford-Universität.

Nationalistisches Denken

Der Grund: Während eine Aussöhnung sowohl Deutschland als auch den Nachbarn sofort große Gewinne versprach, ist eine wirtschaftliche und politische Integration wie innerhalb der EU in Asien nicht in Sicht, erklärt Horvat. Die Anklage Japans für die Leiden der Besatzung sei ein wichtiger Teil der nationalen Identität, und in Chinas Fall sogar der Rechtfertigungsgrund des Regimes. Darauf zu verzichten fällt bisher weder Korea noch China ein. (Martin Kölling aus Tokio/DER STANDARD, Printausgabe, 11.8.2010)