Wien - Ein ungewohnter Kunst-Anblick bot sich Besuchern des Kunsthistorischen Museums (KHM) Montagnachmittag, beim Schlendern durch den Berger-Saal. Da tagte nämlich der Verwaltungsrat des Lepra-, Pest- und Irrenhauses von Haarlem aus dem Jahr 1667. Ein lebendes Bild, ein "Tableaux vivant", besetzt mit österreichischer Kunstprominenz und inszeniert von der Fotokünstlerin Irene Andessner: "Das ist ein Rollentausch, auf den ich mich schon lange gefreut habe" so KHM-Generaldirektorin Sabine Haag, selbst bereits kostümiert für die Kunst-Pose.

"Art Protectors" nennt Andessner das Tableaux vivant und hat für seine Darstellung daher Protagonisten aus der Kunstwelt engagiert: Neben Haag auch ihr Stellvertreter Karl Schütz, das Sammlerehepaar Margot und Roman Fuchs, das Galeristenpaar Elisabeth und Karl Rimmer, Heinz J. Angerlehner von der gleichnamigen Privatstiftung sowie Jacinta Maria Mössenböck von der Galerie Schloss Parz. Streng in schwarz, mit weißen Häubchen und Krägen posierten Männer und Frauen hintereinander als Regenten und Regentinnen des Irrenhauses in den beiden fast identischen Gemälden des Haarlemer Künstlers Jan de Bray.

Ein Marathon im Stillhalten: Je eine Stunde müssen die "Kunstbeschützer", von den Stylisten bis ins kleinste Detail zurechtgezupft und hingerückt, im Berger-Saal ausharren und werden von einer schon lange zuvor anstehenden Besuchermenge bestaunt. "Aber die Kunst zu schützen ist als Direktorin schließlich meine Aufgabe", so Haag, die mit der Aktion auch eine Werbung der ganz anderen Art für die große Herbstausstellung zum "Goldenen Zeitalter" des holländischen Gruppenporträts ab 9. September macht.

Die Analogie im Titel der Inszenierung beinhaltet nicht zuletzt auch einen kulturpolitischen Seitenhieb: Ähnlich, wie sich in der holländischen Gruppenmalerei ein Wechsel von Kirche und Adel, denen Porträts bis dahin vorbehalten waren, zum Bürgertum vollzog, sei heute ein Wechsel der "Kunstschützer" von öffentlichen zu privaten Kunstsammlern und Mäzenen zu beobachten, so die These. Auch wenn das heißt, dass sie im Einsatz für die Kunst heute einmal nichts anderes tun als regungslos zu sein. (APA)