Orpheus und Orasia, so heißt das ideale Liebespaar - zumindest wenn es nach den Vorstellungen der thrakischen Königin Orasia geht. Freilich: Orpheus ist bekanntlich bereits vergeben, Eurydike ist die Glückliche. Also muss ein Mordanschlag Abhilfe schaffen; Orasias Hofdame Ismene wird mit der Ausführung beauftragt.

Georg Philipp Telemann hat in seiner Orpheus-Oper von 1726 die antike Lovestory mit Crime-Elementen aufgepeppt: Eifersucht, Rache, Mord. Doppelmord gar, denn auch Orpheus wird schließlich gemeuchelt. Sogar ein Selbstmord aus Reue steht kurz im Raum, aber Orasia überlegt sich die Sache dann doch noch einmal.

Mit dieser Variante des Orpheus-Stoffs macht das L'Orfeo-Barockorchester unter der Leitung seiner Gründerin Michaela Gaigg derzeit bei den Donaufestwochen im Strudengau seinem Namensgeber alle Ehre. Denn heuer ist die Sache besonders überzeugend ausgefallen - sowohl was die Stückwahl als auch die Besetzung und Inszenierung anlangt. Regisseurin Manuela Kloibmüller und Ausstatterin Isabella Reder haben für ein Turmzimmergerüst samt Badewanne gesorgt, der Orasia (Sopran Karina Lochner) im goldenen Harnisch entsteigt. Und für einen Hades (2. Akt), der zum atmosphärisch packenden Höllenritt gerät, in dem Bass Reinhard Mayr als Gott Pluto begeisterte. Ein kahler Baum steht für die schmerzgeplagte Gefühlswelt Orpheus' (Bariton Markus Volpert). In den Nebenpartien der freiheitsliebenden und liebesverweigernden Nymphe Cephisa sowie einer mordlüsternen Bacchuspriesterin brilliert Koloratursopran Marelize Gerber. (hast, DER STANDARD - Printausgabe, 10. September 2010)