S. Doering, H. Möller (Hrsg.): Batman und andere himmlische Kreaturen - Nochmal 30 Filmcharaktere und ihre psychischen Störungen. Heidelberg 2010. Springer Medizin, 350 S., €39,95.

Coverfoto: Springer

Kassel - Mit Film- und TV-Figuren fiebern wir am meisten dann mit, wenn sie keine langweiligen Heldengestalten ohne Ecken und Kanten sind, sondern wenn sie Macken haben, an denen wir uns reiben können. In dem vor zwei Jahren erschienenen Buch "Frankenstein und Belle de Jour" nahmen deutsche Wissenschafter die psychischen Dispositionen von Charakteren wie dem "Rain Man" oder Hannibal Lecter unter die Lupe. Nun ist ein weiterer Band erschienen: In "Batman und andere himmlische Kreaturen" wird erneut 30 fiktiven Personen eine Diagnose erstellt.

Ob Carrie Bradshaw ("Sex and the City") und Ed Tom Bell ("No Country for Old Men") an einer schweren Depression leiden, die junge Mörderin und furiose Pianistin Jenny von Loeben in "Vier Minuten" die erfahrene Demütigungen und Missbrauch in Gewaltausbrüchen auslebt und an einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung des impulsiven Typs leidet oder Frank Knöpfel in "So glücklich war ich noch nie" eine disoziale und narzisstische Persönlichkeitsstörung umtreibt: Rund 40 Fachautoren haben die jeweiligen Charaktere diagnostiziert und entsprechend der Internationalen Klassifizierung der WHO für psychische Störungen eingeordnet. Koordiniert wurde das Buchprojekt von der an der Universität Kassel am Fachgebiet Theorie und Methodik der Beratung forschenden Psychologin Heidi Möller und dem Psychoanalytiker und Professor für Psychosomatik in der Zahnheilkunde an der Universität Münster, Stephan Döring.

Fallstudien

Im Mittelpunkt der 30 Beiträge zu Batman & Co stehen zumeist Intimität, Sexualität und zwischenmenschliche Nähe. Denn sehr schnell seien diese betroffen, wenn psychische Probleme auftreten, begründet das Herausgeberduo Möller/Doering im Vorwort. Für Filme, und zwar nicht nur die in Hollywood produzierten, sind Liebe, Verlust und die häufig damit verbundenen Störungen ein thematischer Brennpunkt seit eh und je. Ein perfekter Stoff also für die psychiatrische Analyse: So etwa die Zwangsstörungen von Melvin Udall (Jack Nicholson in "Besser geht's nicht"): Sie machen sein Beziehungsleben zu einer mehr als harten Arbeit. Oder die narzisstische Persönlichkeitsstörung, die Chris Wilton (Jonathan Rhys Meyers) aus "Match Point" attestiert wird: Diese Störung führt Wilton zum Schluss dazu, die von ihm geliebte Frau umzubringen.

Auch die Hauptfigur aus "Sex and the City" muss auf die Couch. Sechs Jahre lang hat Carrie Bradshaw auf den Satz "Du bist die Eine" gewartet. Die kurzfristige Beziehungsunsicherheit von "Mr. Big", Carries künftigem Mann, sorgt dafür, dass die Hochzeit platzt und das New Yorker "last single girl" in eine lang anhaltende Depression stürzt. Die Autorinnen des betreffenden Beitrags kommen - wer hätte das gedacht - sogar zum Schluss, dass die auf den ersten Blick banale und schrill erscheinende Liebeskomödie deutlich mehr zu bieten habe. Die Mischung aus Tragik, Komik und ebenso Pädagogik erkläre den unbestrittenen Erfolg der Serie und des Films. (red)