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Irakische Soldaten üben an US-Truppen die korrekte Verhaftung eines Verdächtigen im Rahmen einer offiziellen Abschiedsfeier.

Foto: REUTERS/Thaier al-Sudani

Bagdad - Bei Bombenanschlägen in mehreren irakischen Städten sind am Sonntag zumindest 51 Menschen getötet worden, berichteten irakische Behörden. Der schwerste davon fand im südirakischen Basra statt, wo drei Sprengsätze auf einem belebten Markt detonierten und 45 Menschen in den Tod rissen. Auch in Mosul, Ramadi, Bagdad und Falluja wurden Polizisten und Zivilisten bei Attentaten getötet. In Bagdad lieferten sich Polizisten Feuergefechte mit Angreifern.

Die Polizei vermutet extremistische Gruppen hinter den Attacken. Diese machen sich das politische Vakuum nach der mit einem Patt ausgegangenen Parlamentswahl vom 7. März zunutze. "Es sind Versuche der Al-Kaida, an Einfluss zu gewinnen" , sagte ein Sprecher des US-Militärs. Nach wie vor ist keine stabile Regierungskoalition für den Irak in Aussicht, die Politik ist handlungsunfähig.

"Wo ist die Regierung?" , fragte ein Augenzeuge des Anschlags in Basra laut Bericht der New York Times. Alle sind damit beschäftigt, einen Sitz in der Regierung zu erkämpfen, und keiner kümmert sich um uns."

Die politische Bredouille ist umso gravierender, als die irakischen Sicherheitskräfte in Zukunft alleine im Land für Ordnung sorgen müssen. Am Samstag übergab die letzte US-Kampfbrigade ihre Aufgaben an die irakische Armee, bis Ende August sollen die US-Kampftruppen abgezogen sein. Die irakischen Streitkräfte übernehmen somit endgültig die Verantwortung für die innere Sicherheit. "Heute ist ein äußerst wichtiger Tag, weil wir weitere Fortschritte bei der Übergabe der Verantwortung an die Iraker erzielt haben" , sagte der US-Oberkommandierende General Raymond Odierno.

Im Verlauf desAugust soll die Zahl der US-Truppen von 64.000 auf 50.000 reduziert werden. Am Höhepunkt der Kämpfe mit extremistischen Aufständischen vor drei Jahren waren es noch rund 150.000 gewesen. Die verbleibenden Soldaten nehmen ausschließlich Aufgaben zur Unterstützung und Ausbildung der irakischen Armee und der Polizei wahr.

Maliki will Premier bleiben

Indessen bekräftigte der amtierende Premier Nuri al-Maliki, der die Parlamentswahlen im März knapp verloren hat, seinen Anspruch auf den Posten des Regierungschefs. "Es wird gesagt, dass es große Vorbehalte gegen meine Führung gibt. Aber es gibt noch größere Vorbehalte gegen die anderen Kandidaten" , sagte er am Freitag. Seine Gegner würden versuchen, den Irak zu destabilisieren. Damit meint er den Wahlsieger, Expremier Ayad Allawi. Allawi ist säkularer Schiit, sein Irakiya-Block wurde auch von vielen Sunniten gewählt, die den iranischen Einfluss im Irak fürchten. Er gilt als Mann Saudi-Arabiens.

Maliki gab jedoch zu, in der anhaltenden politischen Blockade einen "Teil des Problems" darzustellen. "Aber ich habe das Problem nicht geschaffen. Ich will es lösen" , sagte der Premier, der die von seiner schiitischen Dawa-Partei dominierte "Rechtsstaats" -Allianz" anführt, die einen nationalistischen Wahlkampf führte.

Die Sicherheitslage sei "stabil" und das Vertrauen der Investoren trotz der seit fünf Monaten andauernden Koalitonsverhandlungen intakt, sagte Maliki. Die Sicherheitskräfte hätten die Lage "zu hundert Prozent" unter Kontrolle.

Schiiten wollen Maliki nicht

"Ich sage nicht, dass es keine Anschläge gibt. Aber es gibt keine Verschlimmerung der Lage, eher eine Verbesserung" , erklärte der Premier. Dem widersprechen jedoch die Zahlen. Der Juli war der blutigste Monat im Irak seit zwei Jahren. Im Irak starben mehr Zivilisten als in Afghanistan.

Maliki hofft weiter, eine Koalitionsregierung führen zu können. Man führe "ernsthafte Gespräche" sowohl mit Allawi als auch mit dem kurdischen Block. Auch einer Allianz mit dem Schiitenblock Ina, der alle schiitischen Parteien außer Malikis Dawa-Partei versammelt, stehe er offen gegenüber. Die Ina hatte zuletzt die Koalitonsgespräche abgebrochen: Sie will mit der "Rechtsstaats" -Allianz nur unter der Bedingung eine Regierung bilden, dass jemand anderer als Maliki Premier wird. (dpa, AFP, apn, red/DER STANDARD, Printausgabe, 09.08.2010)