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Der Schweizer Bundespräsident im Schoß des libyschen Diktators: ein beißendes Spottbild beim Basler Faschingsumzug im vergangenen Februar.

Foto: epa/Ennio Leanza

Der Schweizer Finanzminister Hans-Rudolf Merz kündigte am Freitag seinen Rücktritt für Anfang Oktober an. Er hatte in der Finanzkrise und in der Affäre um die Geiseln in Libyen unglücklich agiert.

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Seit geraumer Zeit war über ein Ausscheiden von Hans-Rudolf Merz aus der Schweizer Regierung spekuliert worden. Am Freitag kündigte der 67-jährige Politiker der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) vor Journalisten in Bern seinen Rücktritt für Anfang Oktober an.

Merz tritt als tragischer Held ab. Denn er galt als charmanter und engagierter Politiker und war als knausriger Kassenwart erfolgreich beim Sanieren der Schweizer Staatsfinanzen. Er baute mit harten Sparmaßnahmen die Staatsschulden um 20 Milliarden Franken (14,5 Mrd. Euro) ab, und mit einem Haushaltsüberschuss von 2,5 Mrd. Franken (1,8 Mrd. Euro) steht die Schweiz im internationalen Vergleich derzeit hervorragend da. Er sei "Europas erfolgreichster Finanzminister" , rühmte ihn denn auch sein Parteichef Fulvio Pelli.

Doch dieses Bild wird überschattet von Führungsmängeln und Fehleinschätzungen in der Finanzkrise, bei der Rettung der Großbank UBS und beim erfolglosen Versuch, das Schweizer Bankgeheimnis zu retten. Auf der internationalen Bühne wurde vor allem Merz' eigenmächtiger und unglücklicher Versuch registriert, die Schweizer Geiseln in Libyen freizubekommen.

Als Bundespräsident reiste Merz im August 2009 auf eigene Faust nach Libyen. In einer Art Canossagang entschuldigte er sich im Namen der Schweiz für die vorübergehende Verhaftung von Präsidentensohn Hannibal Gaddafi in Genf. Damit hoffte er die beiden Schweizer Geschäftsleute freizubekommen, die der wütende Staatschef als Geiseln hatte festsetzen lassen. Doch Merz kehrte mit leeren Händen zurück: Gaddafi hatte ihn gar nicht erst empfangen. Die beiden Schweizer kamen erst im heurigen Frühjahr frei. Mit der nicht abgesprochenen und letztlich nutzlosen Entschuldigung blamierte Merz sich und seine Regierung aufs Ärgste.

Der rechtsliberale Merz wurde Ende 2003 zusammen mit Christoph Blocher von der Volkspartei in den Bundesrat gewählt und war seit 2004 Finanzminister. Mit seinem Rücktritt droht den Liberalen, die mit zwei von sieben Regierungssitzen klar übervertreten sind, ein Sitzverlust. Merz' Nachfolger wird im September gewählt. (Klaus Bonanomi aus Bern/DER STANDARD, Printausgabe, 7./8.8.2010)