Gino Severinis "Harlekin" erzielte 840.750 Euro.

Foto: Sotheby's

Der italienische Kunstmarkt hat sich im ersten Halbjahr leicht erholt, im internationalen Vergleich hinkt die Belebung allerdings nach. Vom positiven Trend profitierten primär die internationalen Auktionshäuser in Mailand. Sotheby's erhöhte den Umsatz in Italien seit Anfang des Jahres nach drei Auktionsterminen um 10,7Prozent auf 18,64 Millionen Euro. Sotheby's-Italien-Chef Filippo Lotti zeigte sich mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. Für die positive Entwicklung seien vor allem Rekordwerte bei der Auktion Ende Mai ausschlaggebend gewesen: Enrico Castellanis Weiße Oberfläche erzielte mit 950.750 Euro einen neuen Weltrekord für den Künstler und übertraf den Schätzwert um 100 Prozent.

Christie's verzeichnete nach drei Auktionsterminen einen Umsatz von 10,67 Millionen, der zwar über der Zwischenbilanz von 2009, aber zeitgleich weit unter jener von 2008 (18 Mio.) lag. Die Versteigerungen beim größten nationalen Auktionshaus, Finarte, erwiesen sich hingegen als Flop. In 15 Sitzungen verteilte Kunstwerke, Schmuck und Einrichtungsgegenstände schlugen sich mit acht Millionen Euro gegenüber 14,8 Millionen im ersten Halbjahr 2009 zu Buche.

Seit Finarte Präsident Giorgio Corbelli vor wenigen Monaten wegen Finanzbetrugs zu einer 20-monatigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde, herrscht bei Finarte großes Schweigen: Weder werden Angaben über verkaufte Kunstwerke noch deren erzielte Kaufpreise oder Schätzwerte veröffentlicht.

Dass die marketingtechnisch für die Akquisition von Kunst auch notwendigen Informationen tabu geworden sind, hat wohl mehrere Gründe. Eines der Motive mag im offensichtlichen Wettbewerbsverlust gegenüber der internationalen, auf dem italienischen Markt tätigen Konkurrenz, liegen. "Zahlreiche Kunden haben gebeten, dass die verkauften Werke nicht publik gemacht werden" , erklärte Finarte-Sprecher Gabriele Crepaldi die Strategie.

Man würde damit dem Gesetz der Privacy nachkommen. Branchenkreisen werten das "Silentium" andersartig. Seit Wirtschaftsminister Giulio Tremonti der Steuerhinterziehung und Steuerflucht den Kampf angesagt hat, sind auch die Anbieter und Käufer von Kunstwerken vorsichtiger geworden.

Nun will das Management mittels einer Rosskur die Bilanzsanierung einleiten. So werden in Rom künftig keine Auktionen mehr vorgenommen. Die neun für die zweite Jahreshälfte vorgesehenen Auktionen finden in Mailand und Venedig statt. Damit passt man sich den Begebenheiten des italienischen Marktes an: Laut einer kürzlich veröffentlichten Analyse haben mehr als die Hälfte aller Kunst- und Antiquitätensammler ihren Standort in der Lombardei und Venetien. (Thesy Kness-Bastaroli, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 07./08.08.2010)