Fotos: Photodisc; Montage: derStandard.at

Stellen Sie sich Folgendes vor: Ein 30- bis 60-jähriger Mann läutet an Ihrer Tür. Er ist gut gekleidet. Stellt sich höflich vor, fragt, ob Sie allein leben oder nicht, hat überhaupt ein sehr zuvorkommendes Wesen, fährt ein tolles Auto. Ist - falls Sie welche haben - besonders nett zu Ihren Kindern.

Erst macht er ein Witzchen über das Wetter oder die jüngsten Sauereien in der Innenpolitik, dann geht er schon in medias res: Ihr Angespartes schafft mit Sicherheit nicht die Rendite, die sie bei Ihm haben könnten, sagt er. Wenn Sie hier unterschreiben, wird sich das ändern, aber lesen Sie sich alles in Ruhe durch.

Und nun Vorsicht: Der nette Herr ist ein Anlagebetrüger. Nach der Papierform jedenfalls.

Der deutsche Finanznachrichtendienst GoMoPa (Goldman Morgenstern & Partners), der es sich zur Aufgabe gemacht hat, vor "fragwürdigen Anbietern, dubiosen Angeboten und betrügerischen Strukturen" zu warnen, hat nämlich mehr als 2.000 "Kriminalfälle und Abzockmodelle" der letzten zehn Jahre (in Deutschland) ausgewertet. Mit dem Ziel, ein "Profil" des "typischen Anlagebetrügers" zu bekommen.

Das Ergebnis sind die bereits oben genannten Eigenschaften ("zu 80 Prozent männlich", "zwischen 30 und 60 Jahre alt", "angenehmes Auftreten", "hat dieselbe Meinung wie Sie", "denkt politisch genauso wie Sie") und noch ein paar weitere: Er verfügt zu 70 Prozent über einen höheren Schulabschluss, besitzt eine hohe Intelligenz und ein gutes Allgemeinwissen. Er legt Wert darauf, dass Ihr/e Partner/in beim Gespräch dabei ist.

Weitere Eigenschaften, die Sie aber etwas schwerer bis kaum überprüfen können: Er zahlt meist in bar und hat eine schlechte Bonität. Er wohnt nobel, aber meist zur Miete. Wohnung und Fahrzeug laufen auf Fremdnamen. Seine Geschäfte erledigt er über internationale Offshoreunternehmen.

Falls diese Person also plötzlich vor Ihnen steht und Ihnen sozusagen Honig um den Bauch pinselt: seien Sie wachsam.

Falls Sie das oben zitierte "Täterprofil" unbrauchbar finden, weil Sie den Eindruck haben, dass es auf 80 Prozent aller Vermögensberater/innen zutrifft: Seien Sie trotzdem wachsam. Der Teufel schläft nicht. (derStandard.at, 6.8.2010)