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Karl-Heinz Grasser schein bei Justiz-Ermittlungen bisher gut weg gekommen zu sein: Keine Kontoöffnungen, keine Telefonüberwachung und die Einstellung des Verfahrens um seine Homepage.

Foto: APA/HDS

Wien - "Im Zweifelsfall ist immer der andere zuständig. Man schiebt die Fälle eher von sich weg, als dass man an ihnen klammert." So beschreibt ein Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft Klagenfurt dem Standard den internen Umgang mit politisch brisanten Ermittlungen. Eine Aussage, die in Anbetracht der Justizirrtümer vergangener Jahre vielleicht so manches erklärt.

E-Mails zu Postenbesetzungen von Ex-Innenminister Ernst Strasser, die aufgrund von Verjährung keine Konsequenzen hatten. Die Finanzierung der Homepage von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, bei der die Ermittlungen eingestellt wurden. Dubiose Geldflüsse rund um die Eurofighter-Beschaffung, die nur einen unfertigen U-Ausschuss brachten: Das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz hat in der Vergangenheit gelitten. Der Verdacht steht im Raum, dass Staatsanwälte Politiker sanfter angreifen als Normalbürger und bei Verfahren zurückhaltender agieren.

Jetzt ist der Justizapparat - knapp eine Woche nach Publikwerden möglicher Geheimkonten des ehemaligen KärntnerLandeshauptmanns Jörg Haider - wieder in die Kritik geraten. Die Aufklärungsarbeit um mögliche Geldflüsse zwischen dem libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi und Haider müsste "sicher schneller vor sich gehen können", sagt SPÖ-Klubobmann Josef Cap. Auch die Zusammenarbeit zwischen der Korruptionsstaatsanwaltschaft und den Staatsanwälten in Wien und Klagenfurt hätte "optimaler stattfinden können". Ähnlich sieht das sein Parteikollege, Justizsprecher Hannes Jarolim: "Die Justiz muss die im Raum stehenden Verdächtigungen so rasch wie möglich aufklären." Zur Vermeidung einer "schiefen Optik durch den Verdacht der Befangenheit" sollten die Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt abgezogen werden.

Dorthin wurde das Tagebuch nun geschickt, nachdem es seit Februar in Wien gelegen war. Bisher habe man es als Beweismaterial in der Buwog-Affäre benötigt, erklärt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien. FPÖ-Vize-Chef Norbert Hofer sieht einen "Justizskandal". Er kritisiert die "undichten Stellen, durch die Medien mit Informationen, Halbwahrheiten und Gerüchten versorgt werden." Justizministerin Claudia Bandion-Ortner sei gefordert, "Klarheit zu schaffen und für Ordnung im Haus zu sorgen." Diese weist sämtliche Vorwürfe zurück. "Mir reicht dieses Bashing der Justiz", sagt Bandion-Ortner zumStandard. "Politische Querschüsse oder unqualifizierte Aussagen bringen uns nicht weiter."

Unterstützung erhält sie von VP-Klubobmann Karlheinz Kopf und Innenministerin Maria Fekter. Fekter hält nichts davon, die zuständigen Behörden nach dem Motto "schnell-schnell-schnell" arbeiten zu lassen."Es ist für eine mögliche Anklage unbefriedigend, wenn keine geeigneten Beweise vorliegen", sagt Fekter.

Die Grünen sehen das anders. Ihr Justizsprecher Albert Steinhauser sieht Bandion-Ortner als "säumig, unwillig oder überfordert, die Probleme anzugehen". Die Bundesvertretung der Richter und Staatsanwälte weist die Vorwürfe zurück. Man werde sich durch diese "unsachlichen und persönlich motivierten Unterstellungen nicht behindern lassen."

(Saskia Jungnikl/ Walter Müller, DER STANDARD, Printausgabe, 6.8.2010)