Washington - Die von den USA inhaftierten hohen Parteigänger des verschwundenen irakischen Staatschefs Saddam Hussein blicken einer ungewissen Zukunft entgegen. Klar ist, dass die im "Kartenspiel" aufgelisteten Persönlichkeiten mit einem Prozess rechnen müssen. Aber wo und wie, ist noch offen. Als unwahrscheinlich gilt, dass irakische Gefangenen auf den US-Stützpunkt Guantanamo auf Kuba gebracht werden. Während die USA die dort gefangen gehaltenen Afghanistan-Kämpfer als Terroristen betrachten, erkennen sie im Fall der Irakis an, dass die meisten von ihnen Mitglieder einer regulären Armee waren und damit unter den Schutz der Genfer Kriegsgefangenenkonventionen fallen. Dies gilt auch für Saddam Hussein und die meisten seiner Weggefährten.

USA schlagen Verfahren im Irak vor

Der Sonderbeauftragte für Kriegsverbrechen des US-Außenministeriums, Pierre-Richard Prosper, machte klar, dass er für Saddam Hussein ein Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag ablehnt. Das Gericht wird weder von den USA noch vom Irak anerkannt. Stattdessen sollten die Top-Führer des Baath-Regimes seiner Meinung nach von den Nationen, denen die Opfer angehörten, verurteilt werden. Prosper sprach sich für ein Verfahren im Irak aus, da von dort die meisten Opfer stammten. Washington könne bei einem solchen Verfahren technisch, logistisch und finanziell helfen, sagte er. Doch gegen diesen Plan regt sich in den USA bereits Widerstand. Die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" erklärte, sie lehne ein Verfahren durch eine von den USA "handverlesene" irakische Regierung ab.

Problem: USA müssten sich ebenfalls verantworten

Das Problem ist, dass die USA mit ihrer Invasion gegen das Gebot des Artikels 2 (4) der UNO-Charta (Gewaltverbot) verstoßen haben und der Irak ein Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 hatte. Der Besitz oder die Produktion von Massenvernichtungswaffen sind für sich genommen keine Kriegsverbrechen, es sei denn, sie wären in diesem Krieg angewendet worden. Ein internationales Verfahren müssten die USA wegen des Einsatzes von Streubomben, von Napalm und von Raketen mit ungeheurer Sprengkraft mehr fürchten als Saddam.

"Die großen Fische"

Experten wiesen zudem darauf hin, dass es im Irak nach der jahrzehntelangen Unterdrückung schwierig sein dürfte, befähigte und unabhängige Richter zu finden. Tom Malinowski von Human Rights Watch schlug deshalb "Mischverfahren" vor, bei denen internationale Experten an der Seite irakischer Richter säßen. Der amerikanische Rechtsprofessor John Kunich glaubt nicht an Verfahren im Irak. "Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass wir uns die großen Fische schnappen", sagte er der Zeitung "Christian Science Monitor". Auch das US-Verteidigungsministerium machte klar, dass die USA für Fälle zuständig seien, bei denen Amerikaner betroffen seien. Dies ist allerdings eine dehnbare Definition, die auch gegen Saddam angewandt werden könnte, da unter seiner Herrschaft amerikanische Kriegsgefangene misshandelt wurden.

Pentagon nennt Vielzahl von Möglichkeiten

Für den Fall eines US-Verfahrens verweist das Pentagon auf ein ganzes Arsenal von Möglichkeiten gegen Kriegsverbrecher. So gebe es beispielsweise Militärtribunale, Kriegsgerichte aber auch zivile Verfahren in den USA. Doch wie auch immer ein Verfahren aussehen wird, so lange Saddam Hussein nicht gefangen ist, bleibt ihm ein Prozess erspart. Der Pentagon-Rechtsexperte Hays Parks betonte: "Verfahren in Abwesenheit lehnen die USA aus Prinzip ab."(APA/dpa)