1. Einleitung

2. SPÖ

3. ÖVP

4. Grüne

5. FPÖ

6. Ausblick

Foto: Screenshot, Montage: derStandard.at

Die Wahl ist überflüssig, der „Kampf um Wien" unnötig. Denn HC Strache wird sowieso Bürgermeister. Zumindest, wenn es nach Facebook geht: 51.260 Fans sprechen eine deutliche Sprache. Rechnet man generös 51.000 Fans weg, hat der Politiker mit den blauen Augen noch immer mehr als doppelt soviele „Gefällt mir" gesammelt wie Michael Häupl. Der hält nämlich bei mageren 118 Unterstützern.

Aber gut, so einfach ist es natürlich nicht. Deshalb unterwirft derStandard.at die Kandidatinnen und Kandidaten der Wiener SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen einem Social Media-Check.  Wer verwendet Facebook, wer Twitter? Und wer verwendet das, was gern unter "Neue Medien" firmiert, bereits authentisch vor dem Wahlkampf? Ein derStandard-at-Check.

SPÖ: Häupl facebookt nicht

Kaum ein Politiker verwendet Facebook für professionelle Zwecke. Zu den aktivsten zählt noch Stadtrat Christian Oxonitsch. Auf seinem privaten Profil hat er 810 Freunde, seine Fanseite "gefällt" 338 Leuten. Ebenfalls Zeit in den Web 2.0-Auftritt investiert Ulli Sima. Sie hat auf Facebook zwar "nur" eine private Seite, dafür ist die Umweltstadträtin auf Twitter aktiv. Ihre 30 Verfolger sind aber ausbaufähig. Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely hat auf ihrem privaten Profil 818 Freunde. Die Michael Häupl-Fanseite hat Facebook selbst direkt von Wikipedia übernommen, sie wird auch nicht gewartet. Magere 118 Fans sprechen Bände. Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger hat weder ein privates Facebook-Profil noch eine Fanseite, dafür wird sie in der Gruppe "Stoppt Pilotprojekt Strassenprostitution" (72 Mitglieder) kritisiert. Von Renate Brauner und Michael Ludwig findet man auf Facebook nichts.

Die nicht in der Stadtregierung vertretenen Kandidaten sind weniger aktiv, wiewohl man drei Ausnahmen erwähnen muss. Eine dieser Ausnahmen ist Gemeinderat Siegi Lindenmayr. Auf seinem Facebook-Profil hat er 1.142 Freunde, auf Twitter pflegt er mit 217 Followern den Dialog. Über ihn ist im Web 2.0 etwa zu erfahren, dass er Pulp Fiction mag und offensichtlich gerne Jimi Hendrix hört. Amtskollege Peko Baxant verwendet ebenfalls recht ambitioniert Facebook (2.065 Freunde) und Twitter (314 Follower). In diese Riege gehört auch Wilfried Zankl von der Jungen Generation, der neben Facebook (469 Freunde) auch zu den wenigen Twitterern (247 Follower) der österreichischen Politikszene zählt.

ÖVP: Marek auf Facebook, Kurz auf Twitter

Die Spitzenkandidatin der Volkspartei, Christine Marek, hat auf Facebook eine eigene Fanseite, die 1.362 Usern gefällt. Die Fanseite ihres Klubobmanns, Matthias Tschirf, gefällt immerhin 277 Leuten. Auf Facebook sehr aktiv ist Stadträtin Isabella Leeb, über ihr privates Profil ist sie mit 2.443 Usern befreundet. Ihr Account ist aber nur sichtbar, wenn man auf Facebook eingeloggt ist. Norbert Walters findet man auf Facebook zwar viele, Leeb's Amtskollege als Stadtrat ist aber nicht darunter. Am meisten Facebook-Freunde hat jedoch Sirvan Ekici. Die Abgeordnete versorgt über ihr semi-beruflich genutztes Profil ihre 2.675 Freunde mit Informationen, auf ihrer Pinnwand finden sich vor allem Fotos und Videos von Fernsehauftritten.

Frischen Social Media-Wind in die Volkspartei bringen zwei junge Kandidaten. Der eine ist JVP-Chef Sebastian Kurz, der auf Facebook 2.309 Freunde sammelte und dessen Tweets 277 Follower abonniert haben. Der zweite ist Nico Marchetti, der für einen 20-jährigen erstaunlich viele Freunde hat - 1.185 sind es, zumindest auf Facebook. Zu seinen Interessen gehört neben "Boycott BP" auch "Christine Marek". Umweltschonend ist der Jugendkandidat auch: "Zu zweit duschen ist viel besser!"

Erwähnenswert sind auch noch die Facebook-Profile von Astrid Buk (406 Freunde) und Theresa Philippi (633 Freunde). Von der existiert neben einer Unterstützungsgruppe aus dem EU-Wahlkampf (52 Mitglieder) auch eine eigene Fanseite. Die stammt ebenfalls aus dem EU-Wahlkampf. Seit 9. Juni 2009 haben gleich neun User "gefällt mir" gedrückt. Mehr Fans hat da schon Mustafa Iscel: Seine Fanseite gefällt 104 Personen. Anders als andere, die ihr privates Profil einer Fanseite gleichsetzen, hat er sein privates Profil wirklich vom beruflichen getrennt. Die Fanseite seiner Website hat wiederum eigene 130 Fans.

Die Grünen: Vorreiter im Web 2.0

Sie mögen zwar nicht die meisten Stimmen bei Wahlen bekommen, dafür haben sie bei Facebook und Twitter die Nase vorn. Von den ersten 20 auf der Wiener Liste sind nur Sigrid Pilz, Jennifer Kickert, Robert Korbei und Niki Kunrath nicht bei Facebook registriert. Im Fall von Niki Kunrath soll das geändert werden - die Gruppe "Wir wollen Niki Kunrath auf Facebook sehen." hat 112 Unterstützer. Zur Erinnerung: Michael Häupl hat noch immer stolze 118 Fans ... Zu den Grünen mit den meisten Facebook-Freunden zählen Maria Vassilakou (3.359 Freunde), Christoph Chorherr (2.216 Freunde) und Marco Schreuder (1.702 Freunde). Das Profil des letzteren kann man jedoch nur begutachten, wenn man bei Facebook eingeloggt ist.

Auf Twitter zählen Grün-Politiker zu den meistgefolgten: Ex-Sprecher Christoph Chorherr kommt auf 1.851 Follower, Klaus Werner-Lobo auf 1.139 und Marco Schreuder auf 1.050.

FPÖ: Strache und seine 51.000 Fans

Auch auf die FPÖ werden bei der Wien-Wahl wohl nicht die meisten Wählerstimmen entfallen. In einer Kategorie ist sie aber mit Abstand vorn: Bei den Facebook-Fans. HC Strache macht das für die Wiener Parteigruppe praktisch im Alleingang. Egal wie man zu ihm stehen mag, die Zahl seiner Facebook-Fans ist beeindruckend: 51.433 Usern gefällt der blauäugige Parteichef. Daneben betreibt Strache auch ein "privates" Profil, wo er auf 4.996 Freunde kommt. Ab 5.000 Freunden kann man übrigens keine weiteren mehr hinzufügen. Wenn er allen Profilbildern auch die richtigen Namen zuordnen könnte, wäre Strache wohl ein Fall für „Wetten dass ...?". Trotzdem erfährt man Spannendes: So hält er Wladimir Putin für den „Greatest Statesman of Modern Russia" und unterstützt den Streichelzoo Innsbruck. Dafür lebt Strache auf seiner Fanseite Meinungspluralität: Ein User meint, „ein 2ter Hitler wäre genau das RICHTIGE !!!!!!!!", wohingegen ein anderer den FPÖ-Chef „DU SCHEIß RASSISTENSAU!!!!!!!" nennt.

Da die Wiener FP ihre Kandidatenliste erst veröffentlichen wird, durchstöberte derStandard.at das Web 2.0 nach anderen bekannten Wiener FP-Politikern. Bei Johann Gudenus wurde man fündig: Auf seiner privaten Seite hat er 855 Freunde, seine Fanseite gefällt 153 Personen. Die Fanseite von Udo Guggenbichler, FP-Bezirksparteiobmann in Währing, gefällt 161 Usern.

Auf Twitter ist kein Freiheitlicher aktiv.

Alle Daten wurden am 4. bzw. 5. August gesammelt, die Recherche beschränkte sich auf die momentan im Landtag vertretenen Parteien.

Im nächsten Teil beantwortet derStandard.at, welche Politiker sich beim Kaffeetrinken filmen lassen, warum die Grünen niemanden mehr motivieren müssen, wer zum Stimmenfang in roten Badehosen tanzt und wie man Heinz-Christian Strache ungeschnitten erleben kann - die Parteistrategie auf Youtube, in Blogs und die dahinterstehenden Kampagnen. (Florian Gossy, derStandard.at, 09.08.2010)