Rücktritte hatten in Deutschland in den vergangenen Monaten Hochkonjunktur. Bischöfin Margot Käßmann warf alles hin, weil sie betrunken Auto gefahren war. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) gab auf, weil er lieber in die Privatwirtschaft will. Bundespräsident Horst Köhler verließ die Bühne, weil er sich wegen Kritik an seinen Afghanistan-Aussagen arg kränkte.

Einer allerdings ist bedauerlicherweise immer noch da: Adolf Sauerland, Oberbürgermeister von Duisburg, wo vor zehn Tagen bei der Loveparade 21 Menschen starben. Dabei hätte der CDU-Politiker, der seit der Tragödie nicht mehr ohne Polizeischutz durch seine Stadt flanieren kann, den meisten Grund für einen vorzeitigen Abgang.

Doch Sauerland hat gerade die letztmögliche Gelegenheit verpasst. Er erklärt, nicht von selbst gehen zu wollen. Nur eine Abwahl könne ihn aus seinem Rathaus treiben - dabei geht es auch um die Rettung seiner Pensionsbezüge.

Diese Entscheidung ist nicht nur eine Verhöhnung der Opfer der Loveparade, sondern auch ein Schlag für alle, die politische Verantwortung ernst nehmen. Sicher: Noch ist nicht geklärt, wer genau bei Planung und Durchführung der Loveparade versagte. Doch es steht außer Zweifel, dass die Stadt Duisburg Fehler machte. Auch wenn Sauerland von Schuld im juristischen Sinne eines Tages persönlich vielleicht freigesprochen wird - seine politische Verantwortung schreit nach Rücktritt ohne Wenn und Aber. (Birgit Baumann/DER STANDARD, Printausgabe, 4. August 2010)