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1970 war Italien das wichtigste Fremdenverkehrsland der Welt, inzwischen ist es auf Platz fünf abgerutscht. Vor allem der Strandtourismus leidet (Bild: Livorno).

Foto: APA/EPA/Di Meo

Leistungsschwache Infrastruktur, steigende Preise und verschmutzte Umwelt werfen Schatten auf Italiens Tourismus. Nach Einbußen im Vorjahr zeichnet sich auch heuer ein Rückgang der Urlauber um bis zu zehn Prozent ab.

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Einen Rückgang der Touristen bis zu zehn Prozent befürchten Italiens Fremdenverkehrsexperten in diesem Jahr. Bereits 2009 fiel die Zahl der Reiselustigen um drei Prozent auf knapp 43 Millionen. Grund dafür sind nicht nur die weiterhin steigenden Preise bei einem verschärften internationalen Wettbewerb. Auch die leistungsschwache Infrastruktur und veraltete Kommunikationstechnik sind ausschlaggebend für die Krise.

Laut dem Sozialforschungsinstitut Censis machen heuer nicht einmal 50 Prozent aller Italiener Urlaub. Im Jahr 2005 waren es noch 72 Prozent.

Nach Angaben der italienischen Zentralbank sind die Ausgaben ausländischer Touristen im Vorjahr um sieben Prozent gesunken. Heuer wird mit einem noch stärkeren Rückgang gerechnet. Denn wer kommt, der knausert. Davon sind vor allem die knapp 15.000 Dreisternehotels betroffen. Auch die Tourismus-Villages erleben nach dem jüngsten Konkurs des Tourenanbieters Ventaglio einen abrupten Rückgang. 1970 war Italien noch das wichtigste Fremdenverkehrsland der Welt, inzwischen ist es auf Platz fünf abgerutscht.

"Nicht mehr Garten, sondern Müllkippe Europas"

"Unser Land läuft heute Gefahr, nicht mehr als antik, sondern als alt angesehen zu werden, nicht mehr als Garten Europas, sondern als Müllkippe" , kritisiert die römische Tageszeitung La Repubblica die Lage. Einzig beim Agrar- und Luxustourismus fallen die Rückgänge weniger ins Gewicht. "Es fehlen vor allem Amerikaner, Briten und Japaner" , meint Francesca Bortolotto Possati, Topmanagerin des Hotels Bauer in Venedig. Vor kurzem hat sie 80 Millionen Euro investiert, um eine alte Villa auf der Fischerinsel Giudecca zu einer Luxusherberge auszubauen. "Wer nach Italien kommt, sucht häufig Kultur und gutes Essen. Deshalb spüren Städte wie Venedig, Rom oder Florenz weniger die Krise als der Strandtourismus" , rechtfertigt sie ihre Investition.

Beim Krisenherd Strandtourismus spielt die Umweltverschmutzung wie auch die Konkurrenz Spaniens und Kroatiens eine wichtige Rolle. Leistungsschwache Infrastruktur wie veraltete Straßensysteme, mangelnde Low-Cost-Flug- und Bahnverbindungen werfen ebenfalls ihre Schatten auf die Branche. Fremdenverkehrsexperten befürchten, Italien könne von den jüngsten Politskandalen, von chronischen Korruptionsfällen und den Müllbergen in Neapel und Palermo einen dauerhaften Imageschaden davontragen.

Nun wirbt Ministerpräsident Silvio Berlusconi persönlich für sein Land. "Ein einzigartiges Land, aus Himmel, Sonne und Meer, aber auch aus Geschichte, Kultur und Kunst" , lobt Berlusconi das Ex-Tourismusparadies in offiziellen Spots. Eine geniale Werbung - weniger für Italiens Tourismus als für Berlusconi, spöttelt die Tageszeitung "Il fatto nuovo". Seine Gegner buchen wohl schnell einen Flug ins Ausland. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.8.2010)