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Der jüdische Friedhof wurde 1784 gegründet. Heute wird über die Finanzierung zur Erhaltung des Biedermeier-Friedhofs gestritten.

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Ergebnis der Bezirksvertretungswahl 2005 in Währing. Quelle: wien.gv.at

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Pötzleinsdorf, Cottageviertel, Gürtel: Der 18. Wiener Gemeindebezirk ist facettenreicher als es auf den ersten Blick scheinen mag. Freizeitmöglichkeiten im Wienerwald und in den zahlreichen Parkanlagen, Einkaufstraßen und Bauernmarkt, Gemeindebauten und Altersheime. Lebensqualität steht hier weit oben. Nicht umsonst ziehen viele Jungfamilien hierher.

Wenn nicht bürgerlich, was dann?

Der 18. Bezirk ist weder besonders groß, besonders schön, besonders aufregend, noch besonders hip. Ohne Zweifel ist der 18. Bezirk ein Wohnbezirk: Familien, Studenten und vor allem viele Pensionisten fühlen sich hier wohl. Das durchschnittliche Alter liegt bei genau 42 Jahren und damit doch deutlich über dem Wiener Durchschnitt von 41 Jahren. Auch der Akademikeranteil ist mit 23,8 Prozent deutlich höher als im restlichen Wien (12,6 Prozent).

Die Universität für Bodenkultur (BOKU) umgibt trotz Gründerzeitarchitektur ein jüngerer Flair: Das Studentenlokal Tüwi an der Bezirksgrenze zum 19. Bezirk ist bekannt und beliebt, nicht selten verbringen die Studenten ihre Pausen im nahen Türkenschanzpark, Slackline und Frisbee inklusive.

Währing punktet mit guter Verkehrsanbindung und Infrastruktur. Auch deshalb sprießen in den letzten Jahren Bauobjekte mit „Luxusappartments" aus dem Boden. Als lukrativer Standort wird dabei auch der Semmelweis-Park gehandelt. Im Zuge des Neubaus des Spitals in Floridsdorf wird die traditionsreiche Semmelweis-Klinik geschlossen und soll als Geburtenklinik im neuen Krankenhaus aufgehen. Die Währinger Grünen sind gegen diese Pläne. Nicht nur die Verlegung der Klinik ist ihnen ein Dorn im Auge, auch die Frage, was mit dem Areal geschehen wird, wollen sie nicht aus der Hand geben. Teile des Areals wurden bereits in Bauland umgewidmet, den Verkauf wollen sie nun verhindern.

Zeugen vergangener Zeiten

Die Universitätssternwarte ist ein inoffzielles Bezirkswahrzeichen. Die Kuppel der Sternwarte ist von vielen Punkten des Bezirks leicht erkennbar. Obwohl sie 1883 eingeweiht wurde, ist sie heute noch das größte baulich geschlossene Sternwartegebäude der Welt.

Über den jüdischen Friedhof beim Währinger Park wurde in den letzten Jahren viel berichtet - allerdings in keinem erfreulichen Zusammenhang. Für die Restaurierung des Biedermeier-Friedhofs fehlt Geld. Seit Jahren wird über die Zuständigkeit zwischen Bund und Stadt Wien gestritten. Auch private Geldgeber und die Israelitische Kultusgemeinde sollen an der Finanzierung beteiligt werden. Der Friedhof lag früher innerhalb der Währinger Grenzen, jetzt gehört er offiziell zu Döbling.

Ein schwarzer Bezirk im Roten Wien

Währings Bürgerlichkeit wird auch in der politischen Vertretung deutlich. Schon bei den ersten freien Gemeinderatswahlen nach dem Krieg verloren die Sozialdemokraten den Bezirksvorsteher - und konnten ihn seither nicht mehr für sich beanspruchen.

Die Gemeinde- und Bezirksvertretungswahlen 2005 haben an der schwarzen Führungsposition nichts geändert, die ÖVP kam im Bezirk auf 34,85 Prozent. Ein paar Prozent dahinter dann die SPÖ mit 30,42 Prozent, die Grünen reihten sich mit 23,07 Prozent an dritter Stelle ein. Die FPÖ kam mit 8,02 Prozent als einzige im Bezirksrat vertretene Partei unter 10 Prozent. Bis 2006 verfügten die FPÖ über drei Mandate, dann spalteten sich zwei der Bezirksräte ab und bildeten die Freie Liste Währing. Bezirksvorsteher Karl Homole (ÖVP) ist seit 1990 im Amt.

Die Parteienvertreter in Währing sind Johannes Schreiber (ÖVP), Friedrich Strobl (SPÖ), Marcel Kneuer (Grüne) und Udo Guggenbichler (FPÖ). Die beiden Bezirksräte der Freien Liste Währing heißen Gerald F. H. Egghart und Katharina Minnich.

Währing ist kein „Problembezirk", und das ist spürbar. Ein parteiübergreifendes Projekt ist der Generationencampus auf dem Gelände des Hauses der Barmherzigkeit in der Vinzenzgasse. Auf dem Areal sollen Volksschule, Mittelschule und Kindergarten entstehen, aber auch eine Ausbildungsstelle der Caritas für Sozialberufe. Einzig die Währinger SPÖ stellte sich gegen den Vorschlag. Während die FPÖ auf sicherheitspoltische Themen setzt, sucht die SPÖ ihre Schwerpunkte bei der älteren Generation. (Marie-Theres Egyed, derStandard.at, 2.8.2010)