In vollem Gange: Die GNOME-Konferenz GUADEC.

Foto: Andreas Proschofsky

Mit einer recht eindringlichen Keynote hat Mozilla-Anwalt - und GNOME-Urgestein - Luis Villa am Mittwoch die Kerntage der dieses Jahr im niederländischen Den Haag abgehaltenen EntwicklerInnenkonferenz GUADEC eröffnet. Mit einem kleinen Rückblick auf die frühen Jahre des freien Desktops versuchte er zu verdeutlichen, dass man eigentlich wesentlich mehr erreicht habe, als man anfänglich erhofft habe: Der Traum eine offene Plattform zu etablieren, die von praktisch jedem genutzt werde, sei praktisch erfüllt - diese sei allerdings nicht der Linux-Desktop sondern das Web.

Eigene Prinzipien auf das Web umsetzen

Eine Plattform, bei der es natürlich ebenfalls noch so manches Defizit gebe, gerade komplexe Web-Anwendungen seien oft nicht so frei, wie man es gerne hätte, der Source Code nur selten verfügbar, interne Vorgänge nicht immer transparent. Insofern könne das Web einiges von den Kernprinzipien der Linux-EntwicklerInnen lernen, dies am Besten indem man das Web offensiv in das Zentrum der eigenen Software stelle.

Zukunftsfragen

Mit solch einem Schritt könne man gleich auch langfristige Zukunftsfragen beantworten, immerhin müsse sich heutzutage jeder Desktop die Frage gefallen lassen, wie er angesichts der raschen Zunahme von Web-Anwendungen relevant bleiben wolle. Geht es nach Villa wäre dies indem man versucht die optimale Plattform für Web-Aktivitäten zu werden, aktiv Web-Services integriert und den NutzerInnen ihren Online-Alltag so einfach wie möglich gestaltet.

Tools

Die Ideen von Villa zielen aber nicht nur auf eine Änderung des Entwicklungsfokus sondern auch auf die Nutzung anderer Tools ab: Wer heutzutage noch eine Anwendung mit klassischen Toolkits schreibe, brauche schon einen wirklich überzeugenden Grund, so der Mozilla-Angestellt. Insofern sollte man HTML und Javascript auch als offizielle Toolkits anerkennen und versuchen diese so weit wie möglich zu nutzen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil einer solchen Entscheidung wäre auch, dass man die "schweren" Arbeiten, wie Performance-Optimierungen und neue Basis-Funktionen anderen Organisationen wie Mozilla oder Google überlassen könne.

Trends

Die aktuelle GNOME-Realität ist von dieser Vision zwar noch einigermaßen weit entfernt, ein gewisser Trend in diese Richtung ist aber nicht gänzlich zu verkennen. So basiert etwa die GNOME Shell - und damit das Herzstück von GNOME 3.0 - zu weiten Teilen auf Javascript, auch für dessen Styling setzt man auf CSS-ähnliche Ansätze. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 28.07.10)