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Ärzte und Psychologen wollen messen, wie häufig das Stendhal-Syndrom die Besucher beim Anblick eines beeindruckenden Kunstwerks ergreift.

Foto: APA/Rolf Haid

Rom - Das "Stendhal-Syndrom" ist eine Art Ekstase, in die der französische Schriftsteller Stendhal bei einer Reise nach Florenz geriet - ausgelöst durch die Erregung, die die Betrachtung der Kunst in ihm hervorgerufen hatte. Oft äußert sich das Syndrom in einem Gefühl der eigenen Bedeutungslosigkeit, die bis zur Depersonalisierung führen kann oder im Gegenteil in Omnipotenz-Fantasien. In beiden Fällen liegt der Anlass offenbar in der Konfrontation mit der grandiosen Fülle kunsthistorischer Berühmtheiten.

Jetzt will ein Team aus Ärzten und Psychologen aus Florenz und Pisa konkret messen, wie häufig das Stendhal-Syndrom die Besucher beim Anblick eines beeindruckenden Kunstwerks ergreift und welche physische Reaktionen es im Körper auslöst.

Kunstwerke besichtigen inklusive Pulsmessung

Im Renaissance-Palast Medici Riccardi wurde in einem vom neapolitanischen Maler des 17. Jahrhunderts Luca Giordano (1634-1705) bemalten Saal ein multisensorischer Weg eingerichtet. Touristen und Kunstliebhaber können auf der prunkvoll bemalten Decke des Saals "spazieren", deren Figuren auf dem Boden nachgebildet wurden. In 15 Etappen, die den verschiedenen Allegorien des Freskos entsprechen, kann der Besucher einen direkten Kontakt zum Kunstwerk erleben, der mit Musikstücken und Klängen bereichert wird.

Während des Besuchs werden dem Besucher mit einigen Geräten Pulsfrequenz, Atem und Blutdruck gemessen. Die gesammelten Daten werden von einem Wissenschafterteam überprüft. Die Resultate der Studie sollen in wissenschaftlichen Fachblättern veröffentlicht werden. Ziel ist festzustellen, ob und wie das Stendhal-Syndrom noch wirkt. Die Besucher können sich dem Test bis 31. August unterziehen.

Stendhal, der spätere Autor von "Rot und Schwarz", reiste 1817 als 34-Jähriger nach Italien. Beim Anblick all der Gräber, Kirchen, Gemälde und Fresken geriet er in eine überwältigende Ekstase, der jedoch ein völliges Versiegen der Lebenskraft folgte. (APA)