Alle waren sie anwesend im Saal, der Präsident, der Premier und die Minister, als in der Nacht auf Dienstag im serbischen Parlament 192 von 250 Abgeordneten für eine Kosovo-Resolution stimmten. Man wollte die Auswirkungen des Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs (IGH) vom vergangenen Donnerstag neutralisieren, das die Unabhängigkeitdeklaration als legal bezeichnete.

In dem Dokument mit dem Titel "Die Entscheidung über die Fortsetzung der Aktivitäten der Republik Serbien bei der Verteidigung der Souveränität und territorialen Integrität des Landes" steht, dass Serbien "niemals, weder explizit noch implizit", die widerrechtliche, einseitig ausgerufene Unabhängigkeit des Kosovo anerkennen würde. Man wolle aber ausschließlich zu friedlichen und diplomatischen Mitteln greifen. Die Regierung wurde mit der Resolution beauftragt, bei der Herbstsitzung der UN-Vollversammlung eine Resolution einzureichen, die zu neuen Statusverhandlungen zwischen Belgrad und Prishtina aufrufen soll.

Präsident Boris Tadić hat bereits 55 Gesandte in die Welt geschickt, um für die serbische Sache zu werben. Bisher haben 69 von 192 Staaten den Kosovo anerkannt. Sowohl die USA als auch die EU versuchten Serbien davon abzubringen und drohten gegebenenfalls an, eine eigene Kosovo-Resolution einzureichen. Brüssel soll inoffiziell Belgrad angeboten hätte, gemeinsam eine Kosovo-Resolution für die UN zu erstellen. Sollte Serbien auf die Statusfrage verzichten, könnte es etwa in der Autonomie-Frage bezüglich des Nordkosovo von Brüssel begünstigt werden. Die Gespräche sollen an der Statusfrage gescheitert sein. (Andrej Ivanji aus Belgrad/DER STANDARD, Printausgabe, 28.7.2010)