Die Veröffentlichung Tausender US-Dokumente auf der Internet-Plattform Wikileaks hat zahlreiche geheime Vorgänge im Afghanistan-Einsatz aufgedeckt. Die Informationen stammen aus amerikanischen Militärdatenbanken und belegen, dass es viele Pannen bei Geheimoperationen gegeben hat. Auch legen die in der Nacht auf Montag veröffentlichten Dokumente offen, dass eine bisher unbekannte US-Einheit Jagd auf die Taliban macht. Das Magazin "Der Spiegel", die "New York Times" und der "Guardian" hatten die Unterlagen zugespielt erhalten.
Die US-Regierung verurteilte die Veröffentlichung der knapp 92.000 Protokolle. Diese "gefährden das Leben von Amerikanern und das unserer Partner", teilte das Weiße Haus mit. "Der Spiegel" kommt nach Auswertung der Unterlagen zu dem Schluss, dass die deutsche Öffentlichkeit nicht umfassend über die tatsächliche Lage im Norden Afghanistans informiert wird. Dort befindet sich das Einsatzgebiet der Bundeswehrsoldaten.
" Sie sind aber besonders aussagekräftig für die wahre Lage"
"Die Berliner Stellen schweigen über viele Vorkommnisse, die nicht unmittelbar deutsche Soldaten, wohl aber die Region betreffen, in der sie stationiert sind. Sie sind aber besonders aussagekräftig für die wahre Lage", heißt es in dem Magazin. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle kündigte unterdessen beim Rat seiner EU-Ressortkollegen in Brüssel an, die jüngsten Veröffentlichungen von US-Geheimakten zum Afghanistan-Einsatz von WikiLeaks genau prüfen zu lassen. Er sehe sich in seiner Haltung bestärkt, dass die Lage in Afghanistan außerordentlich ernst sei. Er habe auch immer davor gewarnt, dass mit Rückschlägen gerechnet werden müsse.
Der britische Außenminister William Hague spielte dagegen den Bericht herunter. Er hoffe aber, dass solche Veröffentlichungen nicht die Atmosphäre vergifteten.
Die Militärprotokolle legen laut "Spiegel" unter anderem die Arbeit eines US-Geheimkommandos offen: Die US-Eliteeinheit namens Task Force 373 mache in Afghanistan gezielt Jagd auf mutmaßliche Taliban und andere Aufständische. Dabei komme es immer wieder zu verheerenden Irrtümern: So gehe aus einem Bericht vom 17. Juni 2007 hervor, dass bei einem Raketenangriff auf eine Koranschule anstelle eines gesuchten Al-Kaida-Funktionärs sieben Kinder getötet worden seien.
Heikel
Besonders heikel dürften für die US-Regierung wie auch für Pakistan jene Dokumente sein, die eine enge Zusammenarbeit zwischen den Taliban und dem pakistanischen Geheimdienst ISI belegen sollen. Die veröffentlichten Berichte "zeigen nicht die gegenwärtigen Realitäten", sagte Pakistans Botschafter in den USA, Husain Haqqani, mit Blick auf den amerikanischen Strategiewechsel. Die Dokumente beziehen sich nach Angaben des Weißen Hauses auf den Zeitraum von Jänner 2004 bis Dezember 2009, Obama stellte die neue Afghanistan-Strategie der USA am 2. Dezember 2009 vor.
Die Vereinigten Staaten, Afghanistan und Pakistan "bemühen sich gemeinsam Al-Kaida und seine Taliban-Verbündeten militärisch und politisch zu besiegen", fügte Haqqani hinzu. Zuvor hatte der Sicherheitsberater des Weißen Haus, General Jim Jones eine engere Partnerschaft mit Afghanistan gepriesen. "Die Kooperation im Anti-Terroreinsatz haben der Al-Kaida-Führung erhebliche Schäden zugefügt."
Die US-Regierung wird nach Informationen der Nachrichtenagentur AP in den nächsten Tagen die veröffentlichten Dokumente auswerten. Dabei soll herausgefunden werden, ob möglicherweise Gefahren für die nationale Sicherheit bestehen könnten. Nach AP-Informationen ist sich die US-Regierung nicht sicher, woher die Dokumente stammen. (APA)