"Bis zu 39 Banken sind bei strengeren Kriterien unterkapitalisiert". Quelle: eigene Berechnung

Grafik: Sustala
Quelle: CEBS

Vorsichtig euphorisch haben die Marktteilnehmer auf das zentrale Ergebnis des Stresstests reagiert: Sieben Banken sind durchgefallen, also haben in den Stressszenarios weniger als sechs Prozent Kernkapital übrig gehabt, 84 Institute – darunter einige Wackelkandidaten – haben mit wehenden Fahnen bestanden. Doch hinter den Schlagzeilen werden in den kommenden Tagen noch viele Analysten und Ökonomen die beiden Papiere von der CEBS unter die Lupe nehmen und auf Herz und Nieren prüfen (Link zum 55-seitigen Summary).

Wackelige Annahmen: wenig Eigenkapital ...

Doch die Tests basieren auf wackeligen Annahmen: Erstens an der Berechnung des Kapitalpuffers, zweitens an der Berechnung der Verluste aus den Szenarien. Das Kapitalkriterium ist deswegen problematisch, weil die Kapitalgrenze von sechs Prozent, bei der ein Institut "durch den Test fällt" deutlich niedriger ist als die acht Prozent, die in der Reform der Richtlinien von Basel III vorgesehen werden (diese werden nach aktuellem Plan ab 2012 regulatorischer Standard in Europa und den USA sein). Simuliert man den Test mit der realistischeren acht Prozent-Grenze (siehe zweite Grafik links) mit den CEBS-Daten, dann scheitern 39 Banken an der Kapitalschwelle und benötigen zur Rekapitalisierung 29,3 Milliarden Euro (statt sieben Banken und 3,5 Mrd. Euro Kapitalbedarf). Eine völlig andere Dimension.

Das offensichtliche Glaubwürdigkeitsproblem der Stresstests ist auch, dass sich derart viele Institute knapp über der 6%-Marke halten. Alleine zehn (!) Institute landen nach dem Stresstest zwischen 6,0 und 6,3 Prozent Kernkapital, schrammen also knapp am Scheitern vorbei, alleine sechs Institute aus Spanien.

In dem realistischeren acht Prozent-Szenario fallen hingegen auch einige "übliche Verdächtige" durch den Test, etwa drei deutsche Landesbanken (WestLB, NordLB, Landesbank Hessen Thüringen) sowie die Deutsche Postbank. Auch National Bank of Greece und Piraeus Bank müssen den strengeren Kriterien Tribut zollen. Knapp schrammt auch die österreichische Raiffeisen unter der acht Prozent-Marke vorbei.

... laxe Kapitaldefinition ...

Darüber hinaus sind auch hybride Finanzierungsformen einberechnet, die zwischen Eigen- und Fremdkapital liegen, doch die Krise hat gezeigt, dass diese kaum dazu dienen können, Verluste abzufangen. Deshalb sind sie unter Basel III nicht mehr zum Kernkapital zuzurechnen.

... und kein Staatsstress

Eines ist klar. Der Staatsanleihenschock wurde NICHT geprüft. Egal, was Notenbanker und Politiker auch sagen wollen. Das ist schon einmal leicht ersichtlich, wenn man einen Blick auf Grafik 1 wirft. Einzig und alleine der Wirtschaftsabschwung hat einen signifikanten Einfluss auf das Kernkapital bei Europas Banken, ein Stress bei den Staaten hingegen eine vernachlässigbare Rolle. Dafür gibt es zwei Gründe: Die Abschläge auf die Anleihen sind recht niedrig, maximal 23 Prozent für Griechenland, was Szenarios gleichkommt, die zum Teil schon eingetreten sind. Zweitens werden nur die Verluste auf dem Handelsbuch berücksichtigt. Doch – so zeigen die Daten von einzelnen Banken – in vielen Fällen werden 100% der Anleihen von „Wackelstaaten“ auf den Bankbüchern gehalten, damit werden keine Verluste auf diese Papiere berechnet.

Warten auf die Reaktion

Doch wir erinnern uns, warum die Stresstests überhaupt nötig waren. Investoren wollten Gewissheit darüber haben, welche Banken im Falle einer Staatspleite in Europa ins Wanken geraten. Der Test hat darüber aber keine Auskunft erteilt. Insgesamt führte das zweite Stressszenario (mit Staatsanleihen) nur zu einer niedrigeren Kernkapitalquote von 40 bis 50 Basispunkten.

Es gibt daher mehrere Gründe skeptisch zu sein: Erstens ist der Stresstest recht locker, was das Kernkapital betrifft. Zweitens sind die Fragen um Staatsanleihen nicht genau beantwortet (Deutsche Banken veröffentlichten etwa nicht ihre Staatsanleihen-Positionen, was Regulatoren laut Financial Times erzürnt). Das Vertrauen zwischen den Banken bleibt damit noch immer angeschlagen. In den vergangenen Tagen ist erneut bekannt geworden, dass griechische und spanische Institute massiv Geld von der Europäischen Zentralbank leihen mussten. Der Interbankenzinssatz Euribor befindet sich weiter im Steigen, was einer Straffung der Geldpolitik gleichkommt. Banken signalisierten indes, dass sie die Tests nicht alleine für sich sprechen lassen wollten. Stattdessen wurden vor der Präsentation der Ergebnisse bekannt, dass einige Institute (etwa in Spanien und Griechenland) den Kapitalmarkt für frisches Geld angezapft hatten, über die Emission von Anleihen. Auch die möglichen Effekte einer einzelnen Bankenpleite auf vernetzte Institute sind nicht berücksichtigt worden.

Da alle Banken bis auf die deutschen Institute ihre Staatsanleihen-Positionen offengelegt haben, wird bald hier auch etwas konkreter beurteilt werden können, welche Banken besonders von der Anleihenproblematik betroffen sind.