Mit der Installation "Station 0" visualisierte die Gruppe gottrekorder/sattler-glockner die Gefahr, in der Gaishorn lebt.

Foto: sattler-glockner

Liezen/Graz - Wenn im Sommer die ersten Blitze über den Himmel zucken, könne er nicht mehr schlafen und traue sich nicht, auf Urlaub zu fahren, erzählt Karl Pusterhofer, Bürgermeister der Gemeinde Gaishorn. Kein Wunder: In Gaishorn befinden sich gleich zwei rote Zonen - also Gebiete, die besonders durch Flutwellen oder Muren gefährdet sind. Die aus der Region stammende Künstlergruppe gottrekorder/sattler-glockner hatte ihre Großrauminstallation, die eine Überschwemmung von Gaishorn mit 6000 Bällen darstellt, mitten in einer der Zonen realisiert. Auch der Bürgermeister war bei der Präsentation der Station 0 dabei.

Jausnen und verschnaufen

Das Projekt der noch bis 14. August im Bezirk Liezen laufenden Regionale10 war schon lange geplant, als wenige Tage zuvor zahlreiche Gemeinden im Bezirk von Muren und Überschwemmungen heimgesucht wurden. Besonders schlimm traf es etwa Kleinsölk oder Stein an der Enns. Hohe Schäden, aber auch das Herannahen der nächsten Kaltfront ließen den Intendanten des Festivals für zeitgenössische Kunst, Dietmar Seiler, einige Programmänderungen vornehmen. Eine voll ausgebuchte Enns-Flussfahrt mit abendlichem Kulturprogramm wurde gestrichen und die Lesung der Autorin und Malerin Julya Rabinowich am Samstag in Großsölk abgesagt. "Man kann nicht erwarten, dass Leute, die jetzt gerade ganz andere Sorgen haben und seit Tagen aufräumen, Lust auf eine Lesung haben", erklärt Seiler dem Standard. Daher wurden alle zu einer trostspendenden "Verschnaufpause" samt Jause und Umtrunk ins Schloss Großsölk eingeladen - mit Rabinowich.

Die Regionale bespielt alle zwei Jahre einen anderen steirischen Bezirk. Das heurige Motto, "In der Mitte am Rand", hat jedenfalls für den größten Bezirk Österreichs besondere Aktualität: Straßen und Gleise sind gesperrt, was nicht ohnehin schon durch Baustellen nur über Umwege erreichbar war, musste nun von Schlamm und Geröll befreit werden.

In Pruggern und Michaelerberg führten ausgerechnet Wassermassen zu Trinkwasserknappheit. Der Hochwasser führende Sattenbach riss die Wasserleitung zur eigenen Quelle weg. Man schuf Tankwasser aus Gröbming heran, wobei: "Denen ihr Wasser is fast net zum Trinken, so kalkhaltig", moniert ein älterer Pruggener beim Rundgang der chilenischen Künstlerin Carla Bobadilla, die für das Projekt fremdsehen eine Dorfgeschichte erstellte.

Eines hatten am Wochenende alle Orte des heterogenen Bezirks, in dem der Standard unterwegs war, gemeinsam: Dauerregen. In Altaussee stand der Brunnerplatz neben dem See, auf dem ein Zirkuszelt stand, schon Freitagabend unter Wasser. Das "Zelt am See" musste über einen Steg betreten werden, war aber trotzdem voll. Denn drinnen lockten Willi Resetarits, Stubnblues und der Exilkurde Sivan Perwer Kurdinnen und Ausseerinnen im Dirndl zum Schultertanz.

"Wir sind seit 1000 Jahren hier, da werden wir das auch aushalten", meint am nächsten Morgen die Greißlerin von Pürgg, das für seine 1000 Jahre alte Johanneskapelle bekannt ist, und einst auf dem Salzpfad lag. Doch der Blick auf den Grimming, von dem sich immer wieder unter Getöse Felsbrocken lösen, und das Schicksal anderer Orte im Ennstal stimmt sie nachdenklich: "Hoffen wir's."

Hagel von Graz bis Feldbach

Auch wenn es im Südosten der Steiermark etwas wärmer war, gab es auch hier und im Burgenland am Wochenende Ernte- und Sachschäden in Millionenhöhe. Ein 40 Kilometer langer Hagelzug von Graz bis Kapfenstein im Bezirk Feldbach verwüstete mit Hagelkörnern in der Größe von Golfbällen ganze Landstriche. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD/Printausgabe, 26.07.2010)