Schiele für Schiele: Die Kreditraten in Form von Arbeiten auf Papier wählte Rudolf Leopold noch persönlich aus. Die für August vorgesehene Heimkehr "Wallys" durfte er nicht mehr erleben.

Foto: Leopold-Museum

"Ich werde so weit kommen, dass man erschrecken wird vor der Größe eines jeden meiner ,lebendigen‘ Werke" , schrieb Egon Schiele an seinen Onkel Leopold Czihaczek 1911. Ein selbstbewusster und rückblickend durchaus prophetischer Gedankensplitter: aus der Sicht jener, die an seiner Kunst Gefallen finden (werden), sowie aus der Perspektive solcher, die dafür ein Vermögen zu verprassen bereit sind.

Sieben Tage vor seinem Tod ersteigerte Rudolf Leopold vom Krankenbett aus bei der jüngsten Auktion im Kinsky diesen (7080 Euro) und einen weiteren Brief (6490 Euro). Nicht seine bedeutendste, aber seine definitiv letzte Erwerbung, die im Leopold-Museum nun eine neue Heimat fand. Ankäufe wird es auch weiterhin geben, selbst wenn das Budget noch gar nicht existiert, versichert Peter Weinhäupl als kaufmännischer Direktor der Stiftung.

Der Öffentlichkeit werden diese Autografen im Herbst 2011 im Zuge der Ausstellung zum zehnjährigen Bestandsjubiläum präsentiert. Bis dahin soll es gemäß den Plänen Diethard Leopolds - seit wenigen Wochen im Vorstand der Stiftung - Lösungen für die noch offenen strittigen Fälle geben, werden Wally und ihr Gegenstück, das Selbstbildnis mit Lampionfrüchten, wieder vereint sein.

Der für ihre Heimkehr aufgenommene Kredit könnte dann schon beglichen sein. Entsprechend dem Wechselkurs zum Stichtag der Einigung geht es um vereinbarte 14,8 Millionen Euro. Bei Redaktionsschluss belief sich der Gegenwert aufgrund der Kursentwicklung bereits auf 15,4 Millionen Euro. Im Vergleich zu den in internationalen Auktionssälen bislang erzielten Spitzenzuschlägen für Arbeiten Egon Schieles ist dieser Betrag ein angemessener, bestätigt auch Jane Kallir. Die Kunsthändlerin und Schiele-Spezialistin verfasste im Laufe der Jahre mehrere Gutachten für die amerikanischen Behörden und hatte bereits konkrete Wally-Interessenten an der Hand.

Ihre letzte Schätzung belief sich auf 15 bis 20 Millionen Dollar. Vor zwei Jahrzehnten lag dieser Wert bei der Hälfte. Von Leopold initiierte und begleitete Ausstellungen in der ganzen Welt weckten Begehrlichkeiten anderer und schürten die Nachfrage. Die Konsequenz trug er mit Fassung: Mit dem Durchbruch auf dem internationalen Markt musste er den Einsatz für seine Leidenschaft kontinuierlich erhöhen.

Die jetzt zur Sicherstellung des Wally-Kredits eingesetzten Werke werden laut seiner Witwe definitiv nicht verkauft. Noch zu Lebzeiten traf Rudolf Leopold die Wahl, welche Arbeiten auf Papier es dafür zu verkaufen gilt. Ein Opfer für etwas, das er unbedingt liebte, skizziert Elisabeth Leopold. Nicht die erste, aber die letzte absolute Liebesgabe. Vergleichbare Motive, ähnliche Werkphase und Technik fungierten als Kriterien. Etwa zehn Werke umfasst die Liste, gereiht nach verzichtbaren und solchen, die nur in der Not veräußert werden sollen. Eher schrittweise als en bloc, so der Plan.

Laut Weinhäupl seien aber weder der Modus - öffentliche Versteigerung oder diskreter Privatverkauf - noch der Zeitpunkt entschieden. Verhandlungen mit lokalen wie internationalen Auktionshäusern stünden jetzt an. Wohl auch Gespräche mit einem hoffentlich gnädigen Bundesdenkmalamt. Ein theoretisch mögliches Ausfuhrverbot könnte den potenziellen Erlös sonst drastisch minimieren. (Olga Kronsteiner, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 24./25.07.2010)