Rumänien hat sich die schlechten Noten schwer erarbeitet. Trotz der neuen stabilen politischen Verhältnisse haben das Parlament und der Oberste Richterrat konsequent und immer wieder Reformvorhaben im Justizbereich untergraben, verhindert und verwässert. Das hat Methode und dient dazu, korrupte Politiker vor unliebsamen Gesetzen zu "schützen". Viele Rumänen haben deshalb jegliches Vertrauen in die Politik verloren. Die EU wird aber in dieser Situation als Retterin wahrgenommen.

Und das ist bei all der leider angemessenen Kritik auch die gute Nachricht. Der Überprüfungsmechanismus, den Brüssel anlässlich des Beitritts von Rumänien und Bulgarien eingeführt hat, hat sich als sinnvoll und effektiv erwiesen. Diesmal hat die Kommission als Sanktion keine EU-Gelder gesperrt. Das wäre in der Wirtschaftskrise, in der viele Rumänen wirklich in Not geraten sind, auch nicht gut - zumal Bukarest noch immer nicht in der Lage ist, alle Gelder aus den EU-Fonds zu absorbieren. Besser wäre es da schon, den Schengen-Beitritt infrage zu stellen, um den fehlenden politischen Willen in Bukarest anzukurbeln.

Die Reformgeister in den beiden neuen EU-Staaten freuen sich ohnehin heimlich über die Kritik aus Brüssel. Denn sie hat in der Vergangenheit in dem klientelistischen System bereits kleine Revolutionen bewirkt. Ein ähnliches Monitoring, quasi als Nachzipf mit Nachhilfeeinheiten, hätte wohl auch etwa in Griechenland einen heilsamen Effekt. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 21.7.2010)