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Finanzminister Mikloš hält die Griechenlandhilfe und die ungarische Bankensteuer für falsch.

Foto: EPA/Di Bella

Standard: Das Euroland Slowakei wird sich an der Hilfe für Griechenland nicht beteiligen. Ihre Regierung hat dem Parlament empfohlen, die Notkredite abzulehnen. Was haben Sie gegen die Griechen?

Mikloš: Nichts, im Gegenteil. Aber wir haben ein Problem damit, wie das Griechenlandproblem gelöst wurde. Da ging es nicht um Griechenland, sondern darum, Banken zu retten, die nichts bezahlen, nicht einmal einen Euro. Und das, obwohl diese Kreditinstitute für die Krise mitverantwortlich sind, weil sie griechischen Regierungen Kredite verschafft haben und damit viel Geld verdienten. Die Rechnung wird nun von den Griechen selbst und den Steuerzahlen der anderen Euroländer bezahlt. Das ist ein bedenkliches Signal für die Zukunft, weil diese Situation ein moralisches Wagnis schafft: Politiker und Banker sehen, dass es möglich ist, sich unverantwortlich zu verhalten. Wenn es Probleme gibt, kommt ohnehin ein anderer und zahlt die Rechnung.

Standard: Dem 440-Milliarden schweren Notfallfonds der EU haben sie aber schließlich zugestimmt. Sind die Gefahren und Probleme nicht die gleichen?

Mikloš:
Ja, und deswegen sind wir auch mit diesem zweiten Schritt nicht glücklich und das haben wir auch gesagt. Unser Widerstand war aber nicht so strikt: Denn auch wenn die Gefahren ähnlich sind, ist es doch nicht das selbe. Im Falle Griechenlands muss wirklich Steuergeld ausgezahlt werden. Beim Stabilisierungsfonds werden zunächst einmal nur Garantien abgegeben und die Länder können einen gewissen Einfluss darauf nehmen, dass eine tatsächliche Auszahlung vermieden werden kann. Darum haben wir den Stabilisierungsfonds letztlich unterschrieben.

Standard: Aber bei einer Krise müsste auch die Slowakei zahlen.

Mikloš: Ja.

Standard: Haben Sie alternative Ideen: Wie sollte ein besserer EU-Notfallmechanismus aussehen?

Mikloš: Der Notmechanismus wurde auf drei Jahre befristet beschlossen. Das bedeutet erstens, dass wir weder der Verlängerung des Mechanismus noch einer Transformation in eine dauerhafte Einrichtung zustimmen werden. Denn drei Jahre sind genug Zeit für in Schwierigkeiten geratenen Regierungen, um die notwendigen Schritte zu setzen und ihr Defizit zu reduzieren. Und dann gibt es Schritte, die getan werden müssen damit Banken und Regierungen nicht noch einmal die gleichen Fehler machen. Daher unterstützen wir die Verschärfung des EU-Stabilitätspaktes, einschließlich strengerer Sanktionen gegen Staaten, mit einem exzessiven Defizit, die nicht bereit sind, einen Wandel herbeizuführen.

Standard: Noch einmal zu Griechenland: Die einzige Alternative wäre gewesen, den Staat in eine Art Insolvenz zu schicken damit auch Gläubigerbanken an den Verlusten teilhaben. Hätten Sie das bevorzugt?

Mikloš: Natürlich. Das ist ein weitere Bedingung um das Problem langfristig zu lösen: Wir brauchen einen ordentlichen Prozess im Fall einer Staatspleite, ohne dem wird es nicht funktionieren. Wir diskutieren das bereits auf EU-Ebene, und wir unterstützen die Position der Deutschen, die so ein Insolvenzverfahren für Staaten durchsetzen möchte.

Standard: Wird sich für so ein Insolvenzverfahren eine Mehrheit finden?

Mikloš: Man wird sehen. Ohne ein Verfahren zur Abwicklung von Staatspleiten in der EU werden wir keinem weiteren Notfallfonds zustimmen.

Standard: Hätte die Pleite Griechenlands nicht verheerende Folgen für den Rest der Eurozone gehabt?

Mikloš:
Wir haben derzeit keine guten Optionen, wir haben nur schlechte. Natürlich wäre es mit Risiken verbunden gewesen, Griechenland zahlungsunfähig werden zu lassen und die Schulden des Landes umzustrukturieren. Aber ich bin besorgt, dass die Option, die gewählt wurde, mit noch größeren Risiken verbunden ist. Vielleicht nicht sofort, aber auf lange Sicht gesehen mache ich mir um die nachhaltige Finanzierbarkeit des Eurosystems wirklich Sorgen.

Standard: Die südeuropäischen Staaten sparen alle. Ist das genug, ist die Eurozone wieder im sicheren Hafen?

Mikloš: Man wird sehen. Die Staaten haben ein Sparprogramm umgesetzt, das mit harten Maßnahmen verbunden ist. Ob das genug ist, weiß ich wirklich nicht. Und ob das Problem gelöst wurde - ich fürchte nicht. Drum wurde der Notfallfonds geschaffen, der den Staaten drei Jahre Luft verschafft.

Standard: Wenn wir schon beim Thema Schulden sind: Das slowakische Defizit liegt bei hohen sieben Prozent. Wird ihre Regierung sparen?

Mikloš: Ja. Unsere Regierung ist jetzt seit einer Woche im Amt und wir bereiten Maßnahmen zur Konsolidierung und zur Verbesserung des Investitionsklimas vor. Vor allem 2011 werden wir ein Maßnahmenpaket brauchen, um unser Defizit signifikant zu reduzieren. Wir wollen die Steuerlast, also die Flat Tax, aber nicht generell erhöhen.

Standard: Planen Sie eine Bankensteuer in der Slowakei - Österreich will eine, die EU ist nicht abgeneigt.

Mikloš: Wir haben Vorbehalte, aber das muss jetzt erst einmal auf europäischer Ebene diskutiert werden. Eine Bankensteuer löst nicht die Schwierigkeiten an den Finanzmärkten, sondern stopft im besten Fall gerade einmal Budgetlöcher. Das Problem, dass Regierungen von großen Banken in Geiselhaft genommen worden sind, löst es nicht. Die einzige Lösung ist meiner Meinung nach die Eigenkapitalausstattung der Banken massiv und nachhaltig zu verbessern. Nicht in einem Schritt, aber eine große Verbesserung bei der Kapitaldecke ist notwendig.

Standard: Haben Sie den Wirbel rund um Ungarn verfolgt, das eine vergleichsweise hohe Bankensteuer einführen möchte?

Mikloš: Jedes Land kann sein Steuersystem selbst gestalten. Aber ich denke der Vorschlag, der in Ungarn auf den Tisch liegt ist nicht gut für die Wirtschaft.

Standard: Warum nicht?

Mikloš: Die Steuer wird vielleicht etwas Geld fürs Budget bringen, aber bestimmt keine billigeren Bankdienstleistungen. Denn die Banken werden ihre Gebühren erhöhen. Das ist also keine gute Lösung.

Standard: Der Flughafen Bratislava war ja in ihrer letzten Amtszeit als Finanzminister bereits so gut wie privatisiert. 2006 stoppte der damalige Premier Robert Fico das Verfahren. Werden sie einen neuen Anlauf nehmen?

Mikloš: Die Privatisierung des Flughafens Bratislava und des slowakischen Eisenbahngüterverkehrs (der ZSSK-Cargo, Anm.) wurde vorbereitet und von Fico gestoppt. Das war ein klarer Beweis für die unverantwortliche Position Ficos. Wir brauchen für beide Unternehmen starke Investoren - ausländische oder inländische. Aber es sieht so aus, als wären nur die ausländischen Investoren stark genug. Deswegen werden wir Eintrittsmöglichkeiten für Investoren schaffen. Vorausgesetzt, das Interesse ist überhaupt noch da: Beim Gütertransportunternehmen ist die wirtschaftliche Situation schwieriger. Und die österreichische Güterbahn hat die ungarische MAV Cargo gekauft, daher scheint es so, das nun das Interesse nicht so groß sein wird, wie in der Vergangenheit. (András Szigetvari, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17./18.7.2010)