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Wenn Gas zu teuer wird, hilft zumindest auf dem Land das Holzsammeln. Der ukrainische Gasversorger Naftogaz wird mit 1. August seine Tarife erhöhen.

Foto: Reuters/Gleb Garanich

Anfang August steigen die Gaspreise in der Ukraine um saftige 50 Prozent. Die Regierung folgt damit den Vorgaben des Internationalen Währungsfonds (IWF). Die "schwache" Ukraine habe keine andere Wahl gehabt, heißt es in Kiew.

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Wien - Der seit eineinhalb Jahren tobende Gasstreit zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Ukraine dürfte mit 1. August vorerst einmal beigelegt sein. Ab August wird der Gaspreis für rund 44 Millionen Ukrainer um 50 Prozent angehoben. Damit macht die Ukraine den Weg für einen neuen IWF-Kredit in Höhe von 14,9 Milliarden Dollar frei.

Betroffen von der Preiserhöhung sind Privatkunden und Heizfirmen - die Industrie zahlt in der Regel bereits höhere Tarife. Kiew hatte sich lange gegen eine Gaspreiserhöhung gewehrt. "In den Gesprächen mit dem IWF hat die Regierung ihre eigenen Vorstellungen über die notwendigen Maßnahmen verteidigt. Aber der Standpunkt des Gläubigers ist immer stärker als der eines geschwächten Landes, das Unterstützung braucht" , sagte der ukrainische Premier Nikolaj Asarow am Mittwoch in Kiew.

Hintergrund des Streits sind die horrenden Verluste des staatlichen Gasversorgers Naftogaz. Naftogaz ist mit 170.000 Beschäftigten das größte Unternehmen des Landes. Die Firma, die für den Gastransport durch die Ukraine und die Versorgung der Kunden im Land verantwortlich ist, erwirtschaftete 2009 Verluste in Höhe von 2,6 Prozent der gesamten ukrainischen Wirtschaftsleistung. Die Löcher stopft naturgemäß der Eigentümer, also der Staat.

In den Augen des IWF liegt das Hauptproblem von Naftogaz neben der schwachen Verwaltung an den zu niedrigen Preisen: Naftogaz muss das Gas relativ teuer über Russland einkaufen, an die Kunden wird es aber vergleichsweise billig hergegeben. Naftogaz zahlte 2010 durchschnittlich 230 Dollar pro tausend Kubikmeter importiertes Gas und gab es an die Kunden um durchschnittlich 80 Dollar weiter" , sagt der Kiewer Ökonom Dmytro Naumenko.

Damit ist jetzt Schluss. Der Wiener Wirtschaftsforscher Vasily Astrov spricht von harten Einschnitten für die Bevölkerung, das Durchschnittseinkommen in der Ukraine liegt bei gerade einmal 2000 Griwna (ca. 250 Dollar). Zudem litt Naftogaz schon in der Vergangenheit darunter, dass viele Menschen ihre Rechnungen nicht bezahlen könnten, diese Zahl könnte sich weiter erhöhen, sagt Astrov. Freilich werden die ukrainischen Kunden das Gas weiterhin unter dem Marktpreis erhalten, weitere Erhöhungen sind nicht ausgeschlossen.

Im Gegenzug wird erwartet, dass der IWF sein Kreditprogramm für die Ukraine noch im Juli absegnet. Eine aus dem Herbst 2008 stammende Kreditvereinbarung zwischen der Ukraine und dem Fonds war wegen des Streits über die Gaspreise und eine Sozialreform auf Eis gelegt worden.

Am Mittwoch hat die ukrainische Regierung ihrerseits das neue IWF-Kreditprogramm verabschiedet. Details sind nicht bekannt, außer dass Kiew sein Defizit heuer auf 5,5 Prozent des BIPs absenken soll und der Anteil von Naftogaz am Defizit auf ein Prozent des BIPs reduziert werden soll. (András Szigetvari, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.7.2010)