Erstmals konkretisiert die Staatsanwaltschaft ihre Vorwürfe gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser: Er wird der Untreue bei der Auswahl der Investmentbank für die Buwog-Privatisierung verdächtigt.
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Wien - Die Staatsanwaltschaft Wien erhebt nun in der Causa Buwog konkrete Vorwürfe gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Er wurde zwar bislang schon als Beschuldigter geführt, in einem Schriftsatz vom 8. Juli - von dem Profil und Kurier am Sonntag berichteten - verdächtigt man Grasser nun bei der Auswahl der Investmentbank für die Buwog-Privatisierung der Untreue. Grasser weist die Vorwürfe zurück, es gilt die Unschuldsvermutung.
Konkret heißt es, Grasser habe nicht den Best- und Billigstbieter CAIB, sondern die (um ein Drittel teurere; Anm.) Investmentbank Lehman Brothers mit der Abwicklung der Privatisierung beauftragt. Grasser habe somit "die ihm als Bundesminister für Finanzen eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht" .
Auch gegen den früheren Kabinettsmitarbeiter Grassers, Michael Ramprecht, wird wegen Untreueverdachts ermittelt, wie dessen Anwalt Michael Pilz bestätigte. Bei Ramprecht (der die Vorwürfe ebenfalls zurückweist) wurde am Freitag eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Ramprecht wurde von Grasser wegen übler Nachrede geklagt, nachdem er ihm vorgeworfen hatte, er habe sich für Lehman starkgemacht. Dieses Verfahren geht am Donnerstag weiter; Pilz hat Kontoöffnungen beantragt.
Die Wahl von Lehman hinterfragten Rechnungshof und Opposition bereits 2003, zumal Lehman seinerseits vom Grasser-Bekannten Karlheinz Muhr beraten worden war. Grasser in einer Anfragebeantwortung: "Da Muhr sich in der Branche der Investmentbanker sehr, sehr gut auskennt, fragte ich ihn, bevor diese ganze Geschichte begonnen hat: Kennst du ein paar Berater, die da einschlägige Erfahrungen haben? Er nannte mir eine Liste von (...) Investmentbankberatern."
Zwar hat Grasser dann eine Kommission zur Auswahl der Investmentbank eingerichtet, deren Unabhängigkeit wird aber bezweifelt. So schrieb Grassers Bekannter Ernst Karl Plech (stimmberechtigtes Kommissionsmitglied, im Aufsichtsrat von Buwog und Bundesimmobiliengesellschaft BIG) am 29. Juli 2002 an den FPÖ-Parlamentsklub und teilte mit, welche fünf Investmentbanken auf der Shortlist standen.
Beraterkette
Letztlich unterlag jedenfalls die CAIB. Sie wurde dafür Subunternehmer für Lehman. Lehman bekam 10,3 Mio Euro Honorar, 433.820 Euro reichte sie an ihren Berater weiter, Muhrs Gesellschaft Valoris. (APA, gra, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.7.2010)