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Die beiden in Schwechat gelandeten Flugzeuge

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Drehscheibe Wien: Im Zuge des Agentenaustausches sollen unbestätigten Informationen zufolge zehn jüngst in den USA festgenommene russische Spione gegen den russischen Atomwissenschaftler Igor Sutjagin und drei russische Doppelagenten getauscht werden.

 

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Auch die russische Spionin Anna Chapman wird ausgetauscht - Siehe Kopf des Tages >>>

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Die zehn Spione beim Gerichtstermin in New York. Sie alle haben sich schuldig bekannt.

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Vor Gericht hießen "Richard" und "Cynthia Murphy" wieder Wladimir und Lydia Guryew.

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Der Nuklearwissenschafter Igor Sutjagin soll Geheimnisse an den Westen weitergegeben haben. Das Foto zeigt ihn bei einer Gerichtsverhandlung in Moskau im Jahr 2004. Sutjagin soll Teil eines Spion-Austausches mit den USA sein.

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New York/Moskau/Wien - Im Zusammenhang mit einem mutmaßlichen Agentenaustausch sind ein russisches und ein US-amerikanisches Flugzeug am Freitag um 11.15 Uhr in Wien gelandet. Sie könnten die Spione an Bord haben, welche die beiden Seiten austauschen wollen. Bei den Flugzeugen handelt es sich um eine Boeing 767-200 Extended der US-Charterfirma "Vision Airlines" (Flugkennzeichen: N766VA) und eine Yakolev Yak-42-D des russischen Ministeriums für Notfälle (Flugkennzeichen: RA42446). Wie die Augenzeugen berichteten, wurden Personen aus dem Flugzeug geschleust, um danach sofort mit einem schwarzen Van zu der jeweils anderen Maschine gebracht zu werden.

Die eigentliche Austauschaktion dauerte etwa eineinviertel Stunden. Gegen 12.30 Uhr startete die Maschine des russischen Katastrophenschutzes wieder mit mutmaßlichem Ziel Moskau, eine Viertelstunde später auch jenes aus den USA in Richtung Westen. Ob tatsächlich Geheimagenten an Bord waren und umstiegen, dafür gab es keine offizielle Bestätigung. Augenzeugenberichten zufolge fand der Austausch jedenfalls mit Hilfe eines schwarzen Vans statt.

Der britische Sender BBC zeigte entsprechende Live-Bilder. Im Zuge des Agentenaustausches sollen unbestätigten Informationen zufolge zehn jüngst in den USA festgenommene russische Spione gegen den russischen Atomwissenschaftler Igor Sutjagin und drei russische Doppelagenten getauscht werden. Als Drehscheibe der Aktion soll Wien dienen. Sutjagin soll unbestätigten Meldungen zufolge am gestrigen Donnerstag in Wien angekommen sein.

Flug nach Moskau über Wien

Das Flugzeug mit den zehn russischen Agenten an Bord sollte laut Medienberichten zuerst nach Wien und dann weiter nach Moskau fliegen. An Bord waren auch US-Marshalls, weil die Spione bis zum ersten Agentenaustausch zwischen beiden Ländern seit 1986 offiziell noch in Haft sind. Die schnelle Rückkehr nach Russland werde "durch den neuen Geist der russisch-amerikanischen Beziehungen und das hohe Niveau des gegenseitigen Verständnisses der Präsidenten beider Länder" möglich, verlautete aus dem Kreml. Vertreter beider Staaten hatten wiederholt erklärt, die Affäre werde sich nicht negativ auf die Beziehungen zwischen Moskau und Washington auswirken.

Enttarnte Spione bekennen sich schuldig

Nur Stunden vor ihrem Abflug hatten die enttarnten russischen Spione vor einer New Yorker Richterin zugegeben, für die russische Regierung gearbeitet zu haben. Für jeden einzelnen stand ein Anwalt auf und antwortete auf die Frage, ob sie die Anklage akzeptieren, mit einem knappen "Ja". Die meisten hatten sich als Amerikaner getarnt. Ihre Häuser und Autos sowie Teile ihres Vermögens wurden eingezogen. Einige haben Kinder, die nun selbst entscheiden sollen, ob sie ihren Eltern nach Russland folgen.

Vor Gericht hießen "Richard" und "Cynthia Murphy" wieder Wladimir und Lydia Guryew, "Donald" und "Tracey" wurden wieder zu Andrej und Elena. Die als attraktive, rothaarige Spionin bekanntgewordene Anna Chapman heißt allerdings wirklich so. Auch zwei weitere der zehn spionierten unter ihren tatsächlichen Namen. Sie waren erst Ende Juni nach jahrelangen Ermittlungen von der US-Bundespolizei FBI festgenommen worden, nur kurz vor einem US-Besuch von Medwedew. Dies sei aber purer Zufall gewesen, hieß es.

Medwedew begnadigt US-Agenten

Noch in der Nacht auf Freitag unterzeichnete Medwedew dann einen Ukas (Verordnung, Erlass; Anm.), mit dem der angebliche CIA-Agent und Nuklearexperte Igor Sutjagin, die mutmaßlichen Doppelagenten Alexander Saporoschski und Sergej Skripal sowie Gennadi Wasilenko begnadigt wurden. Zuvor hatten sie in einem Gnadengesuch an Medwedew ihre Schuld eingestanden. Sutjagin soll schon am Donnerstag nach Wien ausgeflogen worden sein. Von Wien sollte er angeblich von Österreich aus vom britischen Geheimdienst nach London gebracht werden.

Allerdings sollen sie stark unter Druck gesetzt worden sein. So hatte Sutjagin, der bereits seit fast elf Jahren in einem nordrussischen Straflager gefangen war, seine Schuld stets bestritten. Er soll Informationen über die russische Raketenabwehr sowie über Atom-U-Boote an eine britische Agentur mit Kontakten zum US-Geheimdienst übergeben haben. Die anderen drei Männer saßen ebenfalls bereits seit mehreren Jahren in Haft. Auch sie sollten über Wien ausgetauscht werden.

Innenministerium hat "keine Informationen"

Das österreichische Innenministerium hat auch bezüglich der russischen Spione, die von New York über Wien nach Moskau unterwegs sein sollen, "keine Informationen". Sprecher Rudolf Gollia erklärte Freitag früh auf Anfrage der APA: "Das ist nicht unsere Geschichte. Daher kann ich weder bestätigen noch dementieren." Schon in Sachen Sutjagin hatte es am Donnerstag geheißen: "Wir können das weder bestätigen noch dementieren, weil wir es nicht wissen." Gollias Pendant vom Außenamt, Peter Launsky-Tieffenthal, stimmte darin ein - ohne den letzten Teil der Aussage, wie er sagte.

Der Leiter des Österreichischen Zentrums für Geheimdienst, Propaganda und Sicherheitsstudien, Siegfried Beer, geht davon aus, dass die österreichischen Behörden informiert sind, wie der dem "Kurier" (Freitag-Ausgabe) sagte: "Der Mann wird in der Regel von zwei Geheimdienstmitarbeitern im Flugzeug begleitet. Dann wird er von britischen oder US-Sicherheitsleuten 'übernommen' und in die britische oder amerikanische Botschaft gebracht. Oder er bleibt auf dem Airport, und es geht gleich weiter. Jedenfalls sind bei solchen Aktionen die österreichischen Geheimdienste informiert oder sogar beteiligt."

(APA, red, derStandard.at, 9.7.2010)