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Studenten demonstrieren im Oktober 2009 gegen die "katastrophalen Bedingungen an den Hochschulen"

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Quelle: IHS-Univergleich

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Wien - Es war einmal eine Wissenschaftsministerin, die wollte etwas über ihre Universitäten wissen, und stellte die Frage: "Wohin fließt das viele Geld?" Es war Elisabeth Gehrer (ÖVP), man schrieb das Jahr 2004, und das Institut für Höhere Studien (IHS) bekam damals den Auftrag zur Erstellung eines "Finanzvergleichs von Universitäten in Zürich, München, Darmstadt und Wien" . Dem Vernehmen nach war der erste Arbeitsauftrag, zuerst einmal das Wort "viele" zu streichen. Im August 2005 war die Studie fertig - und verschwand dann im Ministerium auf Nimmerwiedersehen.

Bis jetzt, denn der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) wurde der 178-Seiten-Bericht zugespielt - und damit "der Beweis für die katastrophale Unterfinanzierung" , sagt Sigrid Maurer (Gras - Grüne & Alternative StudentInnen) vom ÖH-Vorsitzteam im Gespräch mit dem Standard, dem die Studie ebenfalls vorliegt: "Das Ministerium vertuscht die Studie seit Jahren. Statt sie als Argument gegenüber dem Finanzminister zu verwenden, ließ man lieber Gras darüber wachsen."

Was leistet diese Studie? Sie ist die einzige, valide Datensammlung über zentrale Kennzahlen von Universitäten. Verglichen wurden drei "Voll-Unis" (Uni Wien, Ludwig-Maximilians-Uni München, Uni Zürich) und drei Technische (TU Wien, TU Darmstadt, ETH Zürich). Was die Studie so aussagekräftig macht, ist, dass alles, was unvergleichbar oder einmalig ist, herausgerechnet wurde (z. B. Medizin, Mieten, Bauinvestitionen, Doppelstudien).

Die wichtigsten Ergebnisse:

Ausgaben pro Studierendem: An finanziellen Mitteln pro Studierendem "verfügt die LMU München über rund 40 Prozent und die Universität Zürich über 120 Prozent höhere Ausgaben als die Universität Wien". Zürich gibt also für einen Studierenden das rund 2,2-Fache von dem aus, das die Uni Wien ausgeben kann. Auch die TU Darmstadt dürfte "inzwischen etwa 20 bis 25 Prozent mehr Ausgaben pro Studierende/n aufweisen als die TU Wien" . Die ETH Zürich hat dagegen um ganze 300 Prozent höhere Ausgaben pro Studierendem als TU Wien und Darmstadt, hat also viermal so viele Mittel pro Studentenkopf zur Verfügung.

Deutliche Unterschiede - zulasten Wiens - zeigen sich auch bei Investitionen. Diese betragen pro Studierendem gerechnet an der LMU das Dreifache, an der Uni Zürich das Sechsfache gegenüber der Uni Wien. An der TU Darmstadt sind sie fast um das Dreifache höher als an der TU Wien, an der ETH Zürich um das Achtfache.

Drop-out-Rate: Mit einer geschätzten durchschnittlichen Abbrecherrate von 50 Prozent liegt die Uni Wien vorn, die LMU folgt mit 44 Prozent, die Uni Zürich mit 40.

Wobei hier eines deutlich wird - und das zeigt die elaborierte Studie sehr gut, weil sie die Ergebnisse auch auf die Fakultätsebene herunterbricht: Der schlechte Wert der Uni Wien resultiert "fast ausschließlich" aus der hohen Drop-out-Rate in den extrem überlaufenen Massenfächern in der (für den Vergleich an allen Unis konstruierten) geistes- und sozialwissenschaftlichen Fakultät (GeSoWi).

In den GeSoWi-Fächern schließen 58 Prozent der Studienanfänger an der Uni Wien ihr Studium nicht ab, das sei ein "besonders hoher" Wert, auch der am Juridicum (44 Prozent). Überdurchschnittlich hoch ist er auch an der GeSoWi (46 Prozent) und der Naturwissenschaft-Mathematik-Fakultät (53 Prozent) der LMU sowie an der Wirtschaft-Informatik-Fakultät in Zürich (53 Prozent).

Betreuungsverhältnisse: Wieder ist die Uni Wien mit der GeSoWi negativer Spitzenreiter. Auf ein/e Wissenschafter/in kommen hier "rund doppelt so viele Studierende" wie in München oder Zürich. Selbst unter Einrechnung der "deutlich mehr externen Lehrenden" in Wien und Zürich verbessert sich die Relation nur leicht. Die deutschen Unis haben "deutlich mehr ProfessorInnen" als die Wiener und Züricher Unis. Oder andersrum: "Vor allem die GeSoWi-Fakultät der Universität Wien ist weniger gut ausgestattet" als jene in München und Zürich - "das gilt besonders hinsichtlich ihres Personalbestands."

Dass die Zahlen fünf Jahre alt sind, hilft den österreichischen Unis auch nichts. TU Darmstadt, TU München und LMU sind Gewinner der deutschen Exzellenzinitiative - und haben viel Geld bekommen. Die zwei Münchner Unis jeweils 21 Millionen Euro. Jährlich. Von 2007 bis 2011. In Österreich gab es das nicht.

Resümee von Thomas Wallerberger (Fest - Fraktion engagierter StudentInnen) vom ÖH-Vorsitzteam: "Die angekündigten Budgetkürzungen treiben die Hochschulen in den endgültigen Bankrott." (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, Printausgabe, 9.7.2010)