Wien - Im Büro von Claudia Schmied dürfte es eine undichte Stelle geben. Denn die Kulturministerin wollte die ersten Empfehlungen des von Nikolaus Michalek geleiteten Gremiums zu Werken aus der Sammlung Leopold, deren Provenienz zweifelhaft sind, unter Verschluss halten. Doch "News" brachte die Ergebnisse, die, wie der "Standard" recherchierte, stimmen. Das Ministerium tat den Bericht dennoch als "Spekulation" ab - und schweigt.

Dem Gremium waren nach einjähriger Forschungsarbeit elf Dossiers zu bloß 17 Bildern vorgelegt worden. Darunter befanden sich etliche, die unmöglich NS-Raubkunst sein können. Das Gremium brauchte dennoch ein halbes Jahr, um zu den Schlüssen zu kommen, zu denen der Anwalt Georg Graf bereits im März 2008 in seinem Gutachten für die Israelitische Kultusgemeinde gekommen war: Drei Bilder von Anton Romako, die Oskar Reichel gehört hatten, und Schieles "Häuser am Meer" aus der Sammlung von Jenny Steiner wären bei einer Ausdehnung des Rückgabegesetzes auf die Stiftung Leopold zu restituieren. Weitergeforscht werden müsse bezüglich fünf Schiele-Blättern aus den Sammlungen von Heinrich Rieger und Karl Mayländer. Laut Graf wären diese Werke zurückzugeben.

Die Stiftung Leopold will aber keine Bilder "herschenken", wie man sich ausdrückte: Man sei kein Bundesmuseum und daher nicht zur Naturalrestitution verpflichtet. Wolfgang Zinggl, Kultursprecher der Grünen, hingegen spricht von "einem Bundesmuseum im Tarnanzug einer Privatstiftung" .

Denn die Republik beschloss 1994 ein Gesetz zum Erwerb der Sammlung Leopold und zahlte 2,2 Milliarden Schilling, sie errichtete das Museumsgebäude und zahlt den Betrieb, sie stellt vier der sieben Stiftungsvorstandsmitglieder (inklusive des Vorsitzenden). Zudem unterliegt die Gebarung der Stiftung der Prüfung durch den Rechnungshof, und bei Auflösung der Stiftung geht ihr Vermögen in das Eigentum der Republik über.

Die Republik müsse daher spätestens jetzt, nach dem Tod von Rudolf Leopold, "das unwürdige Versteckspiel endgültig und ohne Tricks aufgeben", so Zinggl. Bleibe die Ministerin bei ihrer Haltung, "das ist eine Privatstiftung, die geht uns nichts an", katapultiere sie "stellvertretend die Republik wieder in jene Haltung zurück, mit der 50 Jahre lang Unrecht aus der NS-Zeit ignoriert und geschönt wurde" . Jetzt sei daher der Zeitpunkt gekommen, Handlungen zu setzen und die Raubkunst zurückzugeben. (Thomas Trenkler/ DER STANDARD, Printausgabe, 9.7.2010)