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EU-Kommission rudert zurück: Auch wenn eine Anhebung des Pensionsantrittsalters unumgänglich sein wird, gefordert habe man eine solche nicht.

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Brüssel - Die EU-Kommission rudert in der Frage der Erhöhung des Pensionsalters zurück. Man fordere nicht die Anhebung des Antrittsalter auf 70 Jahre, stellte Sozialkommissar László Andor am Mittwoch in Brüssel klar. "Das kommt in die Top Ten der am wenigsten begründeten Gerüchte, die herumschwirren."

Die Debatte wurde durch das "Grünbuch" der Kommission zur Pensionsproblematik ausgelöst. In einer Grafik darin ist nämlich sehr wohl die Möglichkeit eines Pensionsalters von 70 Jahren angeführt. Das Rechenbeispiel dazu: Derzeit kommen in der EU auf fünf Erwerbstätige zwei Pensionisten. Um dieses Verhältnis angesichts der steigenden Lebenserwartung beibehalten zu können, wäre es nötig, bis 2040 das Arbeitsleben bis 67 Jahre zu verlängern und bis 2060 um weitere drei Jahre - also bis 70 Jahre.

Als explizite Empfehlung will man das in der Kommission nun aber nicht verstanden wissen. Für Österreich hatte Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) nach den ersten Meldungen aber ohnehin bereits abgewunken. Man bleibe beim gesetzlichen Pensionsantrittsalter von 65 Jahren, hieß es auf Standard-Anfrage. "Wir haben keine Absicht, daran etwas zu ändern" , erklärte man im Ministerbüro.

Verwiesen wird auf die bereits seit längerem laufenden Diskussionen in Österreich. So sind Änderungen bei der Hacklerregelung, die einen vorzeitigen Pensionsantritt nach 40 (Frauen) bzw. 45 Beitragsjahren (Männer) ermöglicht, geplant. Die Details sollen im Herbst fixiert werden.

Wirtschaftskammer erfreut

Mit dem Ausbau von Rehab-Programmen will man die Zahl von Invaliditätspensionisten reduzieren. Jedes Jahr, das länger gearbeitet werde, bringe einen Einspareffekt von 300 Mio. Euro, heißt es. Eine erste Maßnahme im Bereich der Invaliditätspension wurde am Mittwoch vom Nationalrat beschlossen. Künftig soll eine einheitliche, standardisierte, zentrale und verbindliche Feststellung der Arbeitsfähigkeit erfolgen. Durch diese standardisierten Gutachten soll Missbrauch unterbunden werden.

Nichts vom Pensionsalter 70 hält auch der Gewerkschaftsbund. "Anstatt einer einseitigen Fixierung auf die demografische Entwicklung muss der Fokus auf die Beschäftigungsquote gelegt werden" , erklärte der Leitende Sekretär Bernhard Achitz.

Lediglich Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl zeigte sich über die Diskussion erfreut. "Es ist höchste Zeit zu handeln. An der Notwendigkeit einer umfassenden Pensionsreform lässt sich nicht mehr rütteln", sagte er. Brüssel liefere wichtige Denkanstöße, die auch in Österreich ernst zu nehmen seien. (APA, go, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.7.2010)