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Die Regierung verteidigt ihren Budgetfahrplan.

Foto: APA/Schlager

Wien - Die Regierungsspitze hat den nach hinten geschobenen Budgetfahrplan heute im Rahmen der Parlamentssitzung verteidigt. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) machte klar, dass ohnehin schon Ende Oktober mit dem Begutachtungsentwurf für das Budgetbegleitgesetz alle wesentlichen Maßnahmen am Tisch lägen. Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) verwies darauf, dass die Eckdaten über den Budgetrahmen schon im Frühjahr und somit so früh wie noch nie vorgelegt worden seien.

Faymann verwies darauf, dass in einer noch immer instabilen Wirtschaftslage gewisse Faktoren derzeit noch nicht berechenbar seien. Daher werde man die Prognosen der Wirtschaftsforscher im September noch abwarten, ehe man das Budget festzurrt. Den Vergleich mit anderen Ländern, die bereits jetzt Sparvorhaben beschlossen haben, konterte der Kanzler mit dem Verweis darauf, dass Österreich in vielen Bereichen, etwa bei der Arbeitslosigkeit, auch besser da stehe als andere Staaten der Union. Daher habe man auch mehr Zeit als andere.

Faymann: "Sparen ist kein Selbstzweck"

Inhaltlich bekannte sich der SPÖ-Chef zum Sparen, sei dies doch nötig, um andere wichtige Leistungen finanzieren zu können: "Sparen ist also kein Selbstzweck, sondern ein Zweck." Faymann versicherte, dass das Budget eine faire und gerechte Handschrift zeigen werde. In diesem Zusammenhang verwies der Kanzler einmal mehr auf die im internationalen Vergleich geringen Vermögenssteuern in Österreich und erneuerte seine Forderung nach Bankenabgabe und Finanztransaktionssteuer.

Vizekanzler Pröll steht nach eigener Aussage vor einem Dreieck, das ihn in den kommenden Monaten beschäftigten wird. Einerseits müsse man das Budget 2011 zimmern, andererseits das größte Spar- und einnahmenseitige Paket der Zweiten Republik mit einer Perspektive von vier Jahren vorlegen und schließlich die Verhandlungen mit den Bundesländern über die Verwaltungsreform zu einem Ende bringen. Die Kritik am Zeitplan der Koalition wies der VP-Chef zurück. Immerhin sehe der Fahrplan vor, dass das Budget mit Jahresbeginn 2011 in Kraft trete. Die spätere Budgetdebatte im Nationalrat ändere also nichts am Zeitpunkt der Umsetzung.

Aktuelle Stunde zur Familienpolitik

Zu Beginn der Sitzung thematisierte die ÖVP in einer "Aktuellen Stunde" die Familienpolitik. Familienstaatssekretärin Christine Marek (ÖVP) verrät weiterhin nicht, wo im Zuge der Budgetkonsolidierung im Familienbereich gespart werden soll. Die Opposition verlangte im Rahmen der "Aktuellen Stunde" der ÖVP zum Thema "Familienfreundliches Österreich: Bilanz und Perspektiven für die Zukunft" am Mittwoch im Nationalrat Klarheit, welche Maßnahmen gekürzt werden, um die geplanten Einsparungen von rund 235 Mio. Euro im nächsten Jahr zu erreichen.

Marek nutzte die "Aktuelle Stunde", um zu betonen, dass man in den vergangenen Jahren viele innovative Maßnahmen im Familienbereich gesetzt habe. Man könne Erfolge bei der finanziellen Gerechtigkeit, der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und dem Schutz vor Gewalt verzeichnen. Bei den monetären Familienleistungen, aber auch den Sachleistungen sei Österreich im Spitzenfeld, man müsse aber stets danach streben, noch besser zu werden.

Mindestsicherung beschlossen

Der Nationalrat hat nun die Bund/Länder-Vereinbarung zur Mindestsicherung genehmigt. Unterstützt wurde die Vorlage von Koalition und Grünen und - vermutlich versehentlich - von den Freiheitlichen. Die FPÖ stimmte nämlich trotz massiver Kritik davor den gesetzlichen Änderungen für den Bund zu, lehnte dann aber die Bund/Länder-Vereinbarung ab. Häme der anderen Fraktionen war die Folge. Die FPÖ bedauert die Abstimmungspanne. Sozialsprecher Herbert Kickl stellte in einer Aussendung klar, dass die FPÖ klar gegen die Mindestsicherung ist.

Mit dem Beschluss kann die Mindestsicherung mit September in Kraft treten, sofern die jeweiligen Landtage bis dahin entsprechende Beschlüsse vollziehen. Ebenfalls angenommen - diesmal von Koalition und Freiheitlichen - wurde ein Entschließungsantrag, der Basis für die Etablierung einer Transparenzdatenbank sein soll.

Zufrieden reagierte die Caritas: Der Beschluss der Mindestsicherung sei ein "Fundament" für Armutsbekämpfung. Generalsekretär Bernd Wachter warnte vor einer "halbherzigen Umsetzung". "Jetzt geht es darum, dass auch in den Bundesländern die Fundamente gut gebaut werden", erklärte er laut "Kathpress".

Transparenzdatenbank: Bis September Begutachtungsentwurf

Bei der Transparenzdatenbank wurde festgelegt, dass Finanz- und Sozialminister bis Anfang September einen Begutachtungsentwurf vorlegen. Die Beschlussfassung im Nationalrat soll noch vor Weihnachten sein, um das Gesetz mit 1. Jänner 2011 in Kraft treten zu lassen. Zudem soll die Regierung mit den Ländern eine 15a-Vereinbarung ausarbeiten, die bis Mitte 2011 fertig sein soll. Weigern sich einzelne Länder, sollen sie über ein Verfassungsgesetz zur Teilnahme gezwungen werden. Bis Anfang 2012 soll die Datenbank dann mit allen von den unterschiedlichen Gebietskörperschaften gewährten Förderungen gefüllt sein.

Budgetfahrplan: Weiterhin Streit

Auch nach den Erklärungen von Bundeskanzler Werner Faymann  und Vizekanzler Josef Pröll zum neuen Budgetfahrplan schäumt die Opposition. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bezeichnete die Vorgangsweise der Regierung als "Strizzi-Methoden", der Grüne Budgetsprecher Werner Kogler erklärte, die Wahrheit über die Budgetsanierung sei den Wählern zumutbar. Es sei "blanker Zynismus", was hier von der Regierung vom Zaun gebrochen werde, meinte BZÖ-Chef Josef Bucher.

Vor über einem Jahr habe man begonnen, einen - verfassungskonformen - Budgetfahrplan gemeinsam festzulegen, so Kogler. Das Motiv für die nun geplante Verschiebung seien die Landtagswahlen im Herbst. Kogler verwies auch darauf, dass die Regierung bei den Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung unterschiedliche Standpunkte habe. Die Wahrheit sei den Wählern zumutbar.

Cap: Opposition soll Sparkonzepte vorlegen

SPÖ-Klubobmann Josef Cap meinte, die Opposition solle doch ihre Sparkonzepte auf den Tisch legen und außerdem nicht immer nur das Wifo oder den Rechnungshof zitieren. "Das Wie ist wichtiger als das Wann", sagte ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf, das Budget werde rechtzeitig beschlossen werden. Die Sanierung müsse weitestgehend ausgabenseitig, außerdem leistungsfreundlich, sozialverträglich und generationengerecht, aber auch wachstumsfördernd erfolgen.

Opposition will über mögliche Maßnahmen beraten

Die Oppositionsfraktionen wollen am Freitag nach der Präsidiale über eventuelle Maßnahmen wegen der Verschiebung des Budgetfahrplans beraten. Das erklärten BZÖ-Chef Josef Bucher und der Grüne Budgetsprecher Werner Kogler. Man lasse sich alle Maßnahmen offen, hieß es von Grünen, FPÖ und BZÖ, die Einberufung von Sondersitzungen wird nach wie vor als Möglichkeit gesehen. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer hatte angekündigt am Freitag in der Präsidiale mit den Vertretern aller Parteien einen genauen Fahrplan erarbeiten zu wollen.

Die Grünen wollen einem neuen Fahrplan nicht zustimmen, wie Kogler am Mittwoch gegenüber der APA erklärte. Das BZÖ ist ebenfalls gegen einen neuen Fahrplan und will die ursprüngliche Fünf-Parteien-Einigung beibehalten. Auch die FPÖ werde einem neuen Fahrplan "wahrscheinlich nicht" zustimmen, meinte Parteichef Heinz-Christian Strache. Rechtlich gesehen seien die Stimmen der Opposition für die Festlegung eines neuen Zeitplans allerdings nicht nötig, erläuterte Kogler auf eine entsprechende Frage. Nach der Präsidiale werde sich die Opposition über mögliche Maßnahmen besprechen, hieß es von BZÖ und Grünen.

Pensionsumstiege für Beamte erschwert

Der Wechsel von Beamten ins ASVG-Pensionssystem wird erschwert. Nach dem einstimmigen Nationalratsbeschluss wird es nicht mehr möglich sein, direkt nach dem Übertritt ins ASVG-System dort in Pension zu gehen. Die Pensionsbezüge sind erst fünf Jahre nach dem Übertritt abzurufen, frühestens mit dem 62. Lebensjahr. Die Pensionsversicherungsanstalt verzeichnete zunehmend Anfragen von vor allem weiblichen Beamten, die ins an sich finanziell unattraktivere ASVG wechseln wollten. Obwohl bei Beamten für Frauen und Männer das gleiche Pensionsantrittsalter gilt, können im ASVG weibliche Arbeitnehmer hingegen fünf Jahre früher in den Ruhestand gehen.

Das Problem für die Pensionsversicherungsanstalt war, dass sie keinen ausreichenden Ausgleichszahlungen für die ehemaligen Beamten bekam.

Ferner beschloss der Nationalrat  einstimmig eine Neuregelung der Behinderteneinstufung. Angewendet wird diese etwa bei der Ausstellung eines Behindertenpasses oder der Gewährung einer erhöhten Familienbeihilfe. Gesetzt wird künftig auf eine funktions- anstelle einer diagnosebezogenen Beurteilung, zudem soll die Einschätzung psychischer Erkrankungen optimiert werden. (APA/red)